22.01.2024 | Statt Nägel mit Köpfen zu machen, müssen in der Tarifrunde der Holz- und Kunststoffindustrie noch dicke Bretter gebohrt werden: Darum haben sich bundesweit seit dem 13. Januar 2024 mehr als 11.000 Beschäftigte in ganz Deutschland und fast 2.000 Kolleginnen und Kollegen der IG Metall in Niedersachsen in Warnstreiks begeben und haben die Arbeit niedergelegt.
Ausgangspunkt dafür ist, dass auch die zweite Runde der Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgeberverband und IG Metall keine Lösung brachte. Die IG Metall setzt sich in der aktuellen Tarifrunde dafür ein, eine Gehaltserhöhung von 8,5 Prozent über einen Zeitraum von 12 Monaten zu erreichen. Zudem strebt die Gewerkschaft nach einer sozialen Komponente, die sich positiv auf ihre Mitglieder auswirkt, beispielsweise durch die Zahlung einer Prämie zum Inflationsausgleich. Ein wachsendes Problem ist die zunehmende Ungleichheit im Grundentgelt zwischen den Mitarbeitern in der Produktion und denen im Büro. Dies resultiert aus dem veralteten Modell, bei dem im Büro Gehälter und in der Produktion Löhne gezahlt werden, im Gegensatz zu anderen Branchen. Die IG Metall fordert mithilfe einer Ausgleichskomponente, diese Differenz schrittweise zu verringern.
Das aktuelle Angebot der niedersächsischen Arbeitgeber, bestehend aus einer Inflationsausgleichsprämie von 700 Euro netto für das Jahr 2024 und einer Gehaltserhöhung um 2,5 % ab Januar 2025 für insgesamt 25 Monate, wurde in der letzten Runde von der IG Metall Tarifkommission als nicht verhandelbar zurückgewiesen. Die Laufzeit erscheint zu lang, die Erhöhungen und die Prämie deutlich zu gering. Zudem wurden entscheidende Forderungen der IG Metall nicht angemessen berücksichtigt.
Um der dritten Verhandlungsrunde den nötigen Druck zu verleihen, haben nach einer starken ersten Warnstreikwoche mehr als 300 Beschäftigte der Betriebe WIEMANN Oeseder Möbelindustrie GmbH & Co. KG, Teutofracht Spedition GmbH und der TeutoService GmbH aus Georgsmarienhütte, sowie der Blanke Türenwerke aus Bad Iburg der Verhandlungskommission der IG Metall Rückenwind gegeben. In Melle versammelten sich auf dem Pendlerparkplatz vor dem Van der Valk Hotel hunderte Kolleginnen und Kollegen, um der Arbeitgeberseite am angrenzenden Verhandlungsort, wo später am Nachmittag die dritte Gesprächsrunde der Tarifvertragsparteien stattfinden wird, ihren Unmut unmissverständlich zu präsentieren.
„Wertschätzung sieht anders aus. Die Arbeitgeber verweigern bislang den Beschäftigten in Elternzeit oder bei längerer Krankheit die Inflationsausgleichsprämie und sehen sich hier nicht in der Verantwortung. Auch Teilzeitkräfte sollen nur eine anteilige Inflationsprämie erhalten. Sind diese Beschäftigten beim Bäcker oder an der Tankstelle etwa auch nur anteilig betroffen von den steigenden Preisen? Ein solches Verhalten spaltet gezielt die Belegschaft und sorgt für Mobilisierung auf der Straße. Die vorgeschlagene Erhöhung von 2,5 % über 25 Monate ist nicht nur unzureichend, sondern schlicht unanständig in Zeiten hoher Inflation. Das hat auch zu einer der stärksten Warnstreikwellen seit vielen Jahren geführt. Die Kolleginnen und Kollegen sind stinkig und das zu Recht. Die Arbeitgeber sollten heute am Verhandlungstisch zu einer Lösung kommen - sonst sind erneute und intensivierte Warnstreiks nicht ausgeschlossen“, so Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall vor Ort in Melle.