Tarifbewegung in der Stahlindustrie

Erste Tarifverhandlung: Metaller fordern 4 Prozent für sichere Arbeit in der Stahlindustrie

02.03.2021 | Zu Beginn der Tarifrunde für die 70.000 Beschäftigten der nordwestdeutschen Eisen- und Stahlindustrie hat die IG Metall ihre Forderung aufgestellt. Die Aktiven aus den Betrieben fordern vier Prozent mehr Geld mit einer Laufzeit von 12 Monaten; dieses Volumen soll auch zur Beschäftigungssicherung eingesetzt werden können. Aus den Betrieben heißt es: „Wir stehen zu dieser Forderung.“

Die IG Metall reagiert mit ihren Tarifforderungen auf die wirtschaftlich schwierige Situation in vielen Betrieben der Stahlindustrie. Die Branche hat angesichts der Pandemie ein hartes Jahr mit Umsatzeinbrüchen hinter sich. Allerdings hat sich die Lage zuletzt erholt: Vielerorts sind die Auftragsbücher voll, und der Stahlpreis ist auf Rekordhoch gestiegen. Mit einer Forderung über ein Volumen von vier Prozent reagiert die IG Metall auf die Lage der Unternehmen, zumal das Geld in Krisenbetrieben gezielt für die Beschäftigungssicherung eingesetzt werden soll. Die IG Metall kämpft in dieser Tarifrunde für sichere Entgelte und sichere Arbeit. Beschäftigungssicherung ist für die Beschäftigten in den Betrieben derzeit das wichtigste Thema.

Etliche Unternehmen der Stahlindustrie haben im vergangenen Jahr Personal abgebaut, die Beschäftigung in der Branche ist im Dezember 2020 auf den tiefsten Stand seit einem Jahrzehnt gefallen. Umso wichtiger sind den Metallerinnen und Metallern Instrumente zur Sicherung der Arbeitsplätze. Die IG Metall fordert deshalb auch die Verlängerung des Tarifvertrags Beschäftigungssicherung und des Tarifvertrags zur Altersteilzeit. Auch die Jugend tritt in dieser Tarifrunde der Stahlindustrie wieder in Aktion: Es geht um die Übernahme und darum, dass Dualstudierende in den Genuss eines Tarifvertrages kommen. Trotz Pandemie zeigt sich die IG Metall in Salzgitter und Osnabrück kampfbereit. Eine erste Aktion fand gestern bei der Salzgitter AG statt, um auf die erste Tarifverhandlung aufmerksam zu machen. Hier machten Metallerinnen und Metaller der Geschäftsführung im wahrsten Sinne Feuer unter dem Hintern. Auch in Osnabrück bei der Georgsmarienhütte wurde bereits vor der Friedenspflicht mit Feuer agiert. Die Vertrauensleute informierten die Belegschaft zum Schichtwechsel über den aktuellen Stand der Tarifrunde.

„Die wirtschaftliche Situation ist innerhalb der Branche höchst unterschiedlich. Hier sind die Auftragsbücher gut gefüllt, dort droht der Abbau von Arbeitsplätzen“, sagt Matthias Wilhelm, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Salzgitter-Peine und Mitglied der Tarifkommission für die nordwestdeutsche Eisen- und Stahlindustrie. „Umso wichtiger ist es“, berichtet Stephan Soldanski, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Osnabrück, „dass wir eine klare Forderung formulieren, die Einkommen, Beschäftigung und Zukunft der Branche einschließt“. „Klar ist, dass die Beschäftigten dringend mehr Geld in den Taschen brauchen“, sagt Monika Friebe, Vertrauenskörperleiterin in Georgsmarienhütte. „Das gilt gerade für diejenigen, die durch die Kurzarbeit Einbußen hinnehmen mussten.“ Und in Georgsmarienhütte lief die Kurzarbeit von April bis September. „Dann sind wir in der Produktion in die Mehrarbeit gegangen. Bis April gibt es Aufträge ohne Ende.“ Das gilt teilweise auch für Salzgitter Flachstahl. Doch für Vertrauenskörperleiter Nils Knierimgeht es auch um die Stärkung der Binnenkonjunktur. „Tariferhöhungen stärken die Kaufkraft. Außerdem sind in der Pandemie die Kosten für den Lebensunterhalt gestiegen.“ Einig sind sich beide Vertrauenskörperleiter: „Neben mehr Entgelt sind auch Instrumente zur Beschäftigungssicherung notwendig. Arbeitszeitverkürzungen waren in Krisen immer ein bewährtes Mittel. Die Betroffenen brauchen aber einen Entgeltausgleich.“

Weitere Zeitleiste: 15.03.2021, zweite Verhandlung

Hintergrund

Das Stahlwerk Georgsmarienhütte südlich von Osnabrück mit über 1200 Beschäftigten gehört zur GMH-Gruppe, einem Verbund von über 20 weiteren Unternehmen. Zur Salzgitter AG gehören die drei Stahlwerke Salzgitter Flachstahl (rund 6000 Beschäftigte), Peiner Träger GmbH (rund 800 Beschäftigte) und Ilsenburger Grobblech (rund 700 Beschäftigte) sowie etwa 100 weitere Unternehmen mit 16 500 Beschäftigten, darunter zum Beispiel der Röhrenhersteller Mannesmann. Das Land Niedersachsen ist der größte Anteilseigner.

Stahlpreis erholt sich, Nachfrage zieht an: Stahlhersteller profitieren von einem deutlich gestiegenen Stahlpreis. Der Preis für eine Tonne Warmbandstahl ist im Januar auf 690 Euro gestiegen, mittlerweile liegt er sogar bei 700 Euro. Andererseits sind auch die Preise für Rohstoffe, etwa Eisenerz, deutlich in die Höhe geschossen. Über das Jahr 2020 hinweg ist der Umsatz in der Stahlbranche eingebrochen, um rund 10 Prozent. Zum Jahresende erholte sich das Geschäft wieder: Die Nachfrage zieht an, die Auftragsbücher füllen sich.

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