05.09.2022 | Nach zehn Verhandlungsrunden konnte in der SPIES Packaging in Melle ein gemeinsames Tarifergebnis erzielt werden. Beim Spezialisten für Kunststoffverpackungen in der Lebensmittelindustrie mit circa 450 Beschäftigten am Standort Gesmold gilt damit erstmals ein gemeinsamer IG Metall-Tarifvertrag. Ab dem 1. Juli 2022 steigen damit insbesondere die unteren Einkommen deutlich.
Historisch bedingt gab es große Unterschiede der beiden rechtlich getrennten Bereiche „Werkzeugbau“ und „Kunststoffe“: Tarifbindung im Handwerk einerseits und Tariffreiheit in der Industrie andererseits.
„Diese Situation führte dazu, dass wir in der Produktion praktisch eine Vielzahl unterschiedliche Arbeitsbedingungen vorgefunden haben. Kaum ein Arbeitsverhältnis ähnelte dem anderen, insbesondere in Sachen Lohn“, erklärt Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall. „Und das führte verständlicherweise zu Unmut unter den Kolleginnen und Kollegen, welche sich gemeinsame mit der IG Metall auf den Weg in Richtung Tarifvertrag machten.“
Hierzu startete bei SPIES Packaging bereits im Jahr 2020 ein groß angelegtes Projekt zur Harmonisierung der Entlohnungssysteme. „Fairness, Transparenz, Entwicklung, Zukunftssicherung – unter diesen Prämissen sollte ein individueller, maßgeschneiderter Haustarif zusammen mit dem Betriebsrat und der IG Metall entwickelt werden“, formuliert Christof Spies, CEO der SPIES Packaging, die Beweggründe für die Initiative.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie brachte die Verhandlungen dann aber schnell ins Stocken und verzögerte ein mögliches Ergebnis. Dieses konnte nun im Juni 2022 nach insgesamt zehn konstruktiven Verhandlungsrunden erzielt werden. Ab dem 1. Juli 2022 gilt in der SPIES Packaging der neue Haustarifvertrag mit der IG Metall.
Neben einem transparenten Entgeltsystem und dem Grundsatz „gleiches Geld bei gleicher Arbeit“, gelten in der SPIES Packaging zukünftig u.a. folgende Tarifbedingungen:
Insgesamt wurden die Arbeitsbedingungen umfangreich und detailliert in acht verschiedenen Tarifverträgen geregelt. Darunter Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Tarifvertrag Sonderzahlung, Tarifvertrag Demografie und anderes.
„Den Kolleginnen und Kollegen waren zwei Aspekte besonders wichtig: Zum einen brauchte es insbesondere in den unteren Einkommen im Produktionsbereich einen deutlichen Sprung nach vorne, nicht zuletzt, um die aktuelle Inflation abzufangen, sondern auch um im Wettbewerb um neue Mitarbeitende weiterhin attraktiv zu sein. Zum anderen sollte Schluss sein mit der unterschiedlichen Behandlung zwischen dem Werkzeugbau und dem Produktionsbereich. Beides konnten wir mit dem Ergebnis durchsetzen“, fasst Markus Wente die Verhandlungen zusammen.
Fabian Schaper, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Osnabrück: „Die Kolleginnen und Kollegen haben trotz Corona und langen Verhandlungsphasen gezeigt, dass sie hinter ihrer Forderung eines gemeinsamen Tarifvertrages stehen. Solidarität und geschlossenes Handeln haben am Ende zum Erfolg geführt. Nun geht es darum, das Tarifergebnis umzusetzen. In den kommenden Wochen steht daher viel Arbeit für die betrieblichen Akteure vor der Tür. Hier unterstützen wir als IG Metall tatkräftig. Mein Dank geht an alle aktiven Metallerinnen und Metaller in der SPIES Packaging. Euer Engagement hat am Ende zum Erfolg geführt.“
Stephan Soldanski, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Osnabrück ergänzt: „Ich würde mir wünschen, dass das Ergebnis im Raum Melle Schule macht. Es zeigt, dass Tarifverträge kein Teufelswerk sind, sondern ein Unternehmen auch voranbringen können. Nicht ohne Grund sind die erfolgreichsten Unternehmen in Deutschland in der Regel auch tarifgebunden. In Melle ist dieses leider noch viel zu wenig der Fall. Trotz langer und teils schwieriger Verhandlungen zeigt die Offenheit der Firma SPIES gegenüber der Forderung ihrer Beschäftigten nach einem IG Metall Tarifvertrag, dass gute und faire Arbeitsbedingungen und wirtschaftlicher Erfolg zusammengedacht werden können.“
Michael Frerich, Leitung Abteilung People & Culture bei SPIES: „Gerade in den aktuell bewegten Zeiten ist der Abschluss eines umfassenden Haustarifvertrages alles andere als üblich und ein deutliches Bekenntnis unserer Unternehmerfamilie zum Stammsitz in Melle-Gesmold. Ein großartiges Signal an unsere Belegschaft und die Region“, findet Michael Frerich.
Im neugeschaffenen System sollen sich alle Mitarbeitenden - vom Azubi bis zum Meister - wiederfinden. „Nur als „Team SPIESer“ können wir einen guten Job für unsere Kunden und unsere gemeinsame Zukunft leisten“ erläutert Michael Frerich. Neben möglichen Gewinnbeteiligungen galt es im neuen System auch die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, Altersvorsorgeangebote, etc. transparent darzustellen, „dies ist uns in intensiven Verhandlungen gemeinsam gelungen. Darüber hinaus haben wir uns die Flexibilität bewahrt, die wir als Unternehmen des familiären Mittelstandes zwingend benötigen.“