26.08.2021 | Die Corona-Pandemie hat viele Wirtschaftsbereiche vor Herausforderungen gestellt. Zeitgleich sind viele Branchen auch robust durch die Krise navigiert - das unterstreicht auch der Verband der deutschen Möbelindustrie in ihrer Jahrespressekonferenz. In den Ausführungen legt der Verband dar, dass die Möbelindustrie standfest der Pandemie getrotzt habe und im ersten Halbjahr ein Umsatzplus von 4,3 Prozent erzielt habe. Ferner schreibt der Verband in seiner Pressemitteilung, dass das Auslandsgeschäft „in den vergangenen Monaten schon erfreulich verlaufen“ sei. Man erwarte nun, dass „im Herbst eine spürbare Belebung im Inland“ folge.
Ein Umsatz von rund 8,4 Milliarden Euro sowie ein Wachstum des Auslandsumsatzes von mehr als 10,5 Prozent seien „starke Indikatoren, dass es mit der Branche wieder bergauf geht. Dass Verbandsgeschäftsführer Kurth in seiner Pressemitteilung einen maßvollen Tarifabschluss fordert, ist angesichts der aktuellen Zahlen verwunderlich und unverständlich. Maß und Mitte müssen gefunden werden. Allerdings in erster Linie für die Beschäftigten und ihre Entgeltentwicklung. Dieser Verantwortung stellen sich die Tarifparteien gemeinsam. Schließlich sind es aber gesamtgesellschaftlich die Angestellten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den konjunkturellen Motor - auch der Möbelindustrie - ankurbeln. Es braucht ein deutliches Plus in den Portmonees der Kolleginnen und Kollegen. So sind es jene Beschäftigte gewesen, die in Kurzarbeit finanzielle Verluste hinnehmen mussten, die mit Maske und auf Abstand Betten, Möbel und Fenster gefertigt haben, die sprichwörtlich den Laden mit ihrer Tätigkeit am Laufen gehalten haben!“, erklärt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.
Die aktuelle Corona-Politik habe Öffnungsschritte für den Handel aufgezeigt und ermöglicht. „Die Erholungssignale in allen Bereichen der Wirtschaft stehen auf grün. Mit steigender Impfquote und fallenden Restriktionen im Handel wird die Nachfrage nach Produkten, gerade in der Holz- und Kunststoffindustrie, noch weiter anziehen. Sobald die globalen Lieferketten, welche auch durch die Pandemie ins Stocken geraten sind, wieder an Fahrt aufnehmen, werden wir einen wahren Branchenboom erleben. Ein Boom, an dessen Ende nicht nur eine Erhöhung der Margen, sondern letztlich vor allem auch ein Plus auf Seiten der Beschäftigten stehen muss!“, fährt Gröger fort.
Man erwarte, so der Gewerkschafter, „in der Tat einen fairen Tarifabschluss. Dieser muss sich allerdings an den wirtschaftlichen Realitäten als auch an den Vorausschauen orientieren. Diese zeigen eine deutliche Aufwärtsrichtung von einem, je nach Branchenbereich sowieso schon heute hohen Niveau, die Arbeitgeberseite darf sich nicht länger hinter dem Schreckgespenst Corona verstecken. Es darf nicht sein, dass in Krisenzeiten die Kolleginnen und Kollegen die Verlierer sind und zurückstecken, in Phasen des Wachstums und der Erholung aber nicht von den Gewinnen profitieren!“ Abschließend fügt Gröger an: „Auch der skizzierte Fachkräftemangel wird nicht über mediale Klagelieder gelöst. Kritisch müssen Entgelte, Entwicklungschancen und Arbeitsbedingungen seitens der Industrie reflektiert werden. Dazu zählt nicht nur eine Lösung zur Fortführung des Demografie-Tarifvertrages, sondern insbesondere auch eine Reduzierung der 39-Stunden-Woche in der Holz- und Kunststoffindustrie in Sachsen-Anhalt. Hier fordern wir dieses Jahr ein klares Bekenntnis der Arbeitgeberseite zu einer Lösungsbereitschaft dieser Frage. Viele andere Branchen haben es in den letzten Monaten vorgemacht. Denn eines ist sicher: Mit einer 39-Stunden-Woche im Voll-Conti-Betrieb gewinnt man keinen jungen Menschen für seine Branche! "
Für die rund 37.400 Beschäftigen und Auszubildenden der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wird ein Plus von 4,5 Prozent mehr Geld für 12 Monate gefordert, sowie die Erhöhung des Demografie-Betrages von aktuell 300 auf dann 750 Euro. Damit beläuft sich das Forderungsvolumen der diesjährigen Tarifrunde auf insgesamt 5,8 Prozent. Für Auszubildende fordert die Tarifkommission ein überproportionales Plus bei den Ausbildungsvergütungen. Die Hauptbranchen der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie sind die Möbelindustrie, die Holzindustrie und der Baubedarf aus Holz und Kunststoff. Des Weiteren gehören auch Branchen wie die Klavierbauer, Automobilzulieferer oder Produzenten von Lebensmittelverpackungen im Bereich Kunststoff zur Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie. Die ersten Verhandlungsrunden in Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt starten am 10. September. Ab dem 14. Oktober wären Warnstreiks möglich.
(Presseinformation Nr. 80/2021)