27.05.2021 | Die etwa 100 Beschäftigten der Firma Teutofracht Spedition GmbH in Georgsmarienhütte fordern einen Tarifvertrag. Diese Forderung haben sie bereits im Herbst letzten Jahres erhoben. Nach insgesamt 5 Gesprächsrunden zwischen dem Arbeitgeber und der IG Metall folgte am heutigen Donnerstag, den 27. Mai 2021 der erste Warnstreik in der Firmengeschichte. Die Fronten am Verhandlungstisch hatten sich zuletzt verhärtet, nachdem es zunächst erste Schritte einer Annäherung gab.
Bis zu 20 Tonnen Möbelteile am Tag bewegen die Beschäftigten der Teutofracht bei ihrem Kunden, einem großen Schlafzimmermöbelhersteller in Georgsmarienhütte. Und das pro Person und mit reiner Muskelkraft. Teutofracht ist als Logistikdienstleister in der Produktion und der Verladung tätig. Die Beschäftigten haben nur 26 Tage Urlaub, eine 40 Stunde Woche und einen Grundlohn der deutlich unter dem Flächentarifniveau der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie liegt. Als Teil der Wertschöpfungskette fordern die Beschäftigten zu Recht, die Anerkennung und stufenweise Einführung genau dieser Tarifverträge, wie sie auch bei ihrem Kunden vor Ort üblich sind.
Nachdem sich die beiden Parteien in den ersten Verhandlungsrunden in einigen Punkten angenähert und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet hatten, war insbesondere bei der Frage der Höhe und der Ausgestaltung der zukünftigen Löhne und Gehälter keine Einigung möglich. „Das ist jedoch ein entscheidendes Kriterium für die Kolleginnen und Kollegen“, weiß Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall zu berichten. „Die Beschäftigten in der Verladung arbeiten sich Tag für Tag die Knochen wund. Stellen Sie sich vor, sie bewegen am Tag 20 Mittelklassewagen von A nach B. Und das unter Leistungsdruck und nur mit 26 Tagen Urlaub im Jahr, wovon ein Großteil auch noch dem Produktionsurlaub des Kunden unterworfen und damit in der zeitlichen Lage nicht frei wählbar ist. Das bringt die Kolleginnen und Kollegen zu Recht auf die Palme“, so Wente weiter.
Die IG Metall fordert die Einführung der Löhne und Gehälter der Holz und Kunststoff Industrie in Niedersachsen in Höhe von 80 Prozent. Das ist fair und für die Branche das Mindeste! Doch gerade im Gehaltsbereich hat der Arbeitgeber zuletzt nur circa 57 Prozent des Flächentarifniveaus angeboten und war zu keiner Nachbesserung bereit: „Das liegt sogar noch deutlich unter den tariflichen Gehältern in der Logistikbranche, wo ein Speditionskaufmann*frau bis zu 300 Euro pro Monat mehr verdient, bei gleicher Arbeitszeit“, weiß Brigitte Langguth von der IG Metall Osnabrück zu berichten.
Sie betreut die Teutofracht Spedition GmbH seit mehreren Jahren und kennt die schweren Arbeitsbedingungen vor Ort. „Gute Arbeitsbedingungen in Form von fairen Tarifverträgen sind eine Frage der Gerechtigkeit. Dafür streiten die Kolleginnen und Kollegen bei Teutofracht und verleihen ihrer Forderung heute deutlichen Nachdruck. Das zeigt, dass die IG Metall auch unter Pandemie-Bedingungen voll handlungsfähig ist“, so Langguth abschließend.
Bislang sind keine neuen Verhandlungstermine vereinbart. Die Beschäftigten werden jetzt verstärkt Druck machen, um ihre berechtigte Forderung zu untermauern. Verhandlungsführer Wente sieht trotz aller Schwierigkeiten dennoch eine gemeinsame Lösung: „Beide Seiten haben in den vergangenen Wochen bewiesen, dass sie aufeinander zu gehen können. Jetzt liegt es an der Arbeitgeberseite, wann wir an den Verhandlungstisch zurückkehren. Wir sind für neue Ideen und Vorschlägen jederzeit offen.“