07.03.2023 | Es sind Bilder, die um die Welt gehen: Frauen, die sich ihre Haare abschneiden und ihre Kopftücher als Protest vom Kopf reißen oder diese verbrennen. Das vergangene Jahr stand im Zeichen der feministischen Revolution im Iran, die durch den Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini ausgelöst war, welche von der iranischen Sittenpolizei festgenommen wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht „ordnungsgemäß“ trug. Wenig später verstarb sie an den Folgen brutaler Gewalteinwirkung. Die Proteste währen bis heute an.
„Der Kampf der mutigen Iranerinnen ist symbolisch für den Kampf aller Frauen auf der Welt, die sich gegen Unterdrückung wehren!“, erklärt Louisa Mertens, Gewerkschaftssekretärin für Frauenpolitik bei der IG Metall. Während im Iran der Protest für die Freiheit entfacht ist, findet in Afghanistan ein Rollback in eine traditionelle Stammesgesellschaft statt. „Mitunter sehen wir dramatische Entwicklungen auf der Welt, die manchenorts Fortschritte von Jahrzehnten zurückwerfen. Wir müssen 2023 nüchtern attestieren, dass bis heute die Gleichstellung in keinem Land der Welt vollständig erreicht ist!“, so Mertens.
Der Weltfrauentag, der stets am 8. März begangen wird, steht für den Deutschen Gewerkschaftsbund 2023 unter dem Motto „Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!". Auch in Deutschland gibt es weiterhin große Defizite bei der Gleichstellung der Geschlechter, hebt Mertens hervor. Mehr als 100 Jahre besitzen Frauen in der Bundesrepublik ein Wahlrecht, doch noch immer gibt es klaffende Lücken bei den Entgelten, bei der Erwerbsquote, der Hauptlast bei der Kinderbetreuung und insbesondere bei der Präsenz in Aufsichtsräten und Vorständen. „Die Arbeitswelt ist auch im Jahr 2023 immer noch eine Männerwelt!“, resümiert die Gewerkschafterin.
Es ist keineswegs so, dass in der Gleichstellungsfrage keine Erfolge zu verzeichnen seien: Bei Bildung, Erwerbstätigkeit, Einkommen und sozialer Absicherung im Alter haben Frauen in Deutschland während der vergangenen Jahre gegenüber Männern aufholen können - das legen Studien der Hans-Böckler-Stiftung nahe. Doch die Erwerbsbeteiligung von Frauen liegt noch immer spürbar unter dem der Männern - von der Gender-Pay-Gap sowie der Gender-Care-Gap ganz zu schweigen.
„Um etwaigen positiven Entwicklungen mehr Dynamik zu verleihen, muss unter anderem die institutionelle Kinderbetreuung deutlich schneller und kraftvoller ausgebaut werden. Außerdem brauche es mehr egalitäre Erwerbskonstellationen in Familien, beispielsweise durch die Förderung flexibler Arbeitszeitarrangements für Männer und Frauen oder mehr Partnermonate beim Elterngeld!“, fordert die Gewerkschaftssekretärin der IG Metall. Es sei wichtig, dass dies keine reinen Frauenthemen seien, sondern „letztlich der Stärkung des ganzheitlichen Familienmodells dienen. Die klassische Rollenverteilung des 20. Jahrhunderts muss jedenfalls ausgedient haben!“
(Pressemitteilung Nr. 019/2023)