Ausbildungsalarm in Niedersachsen

Politik und Betriebe müssen dringend handeln!

30.05.2023 | Dass dringender Handlungsbedarf mit Blick auf die Situation der Ausbildungsplätze im Land bestehe, da sind sich Arbeitgeberverband und IG Metall einig: Das insbesondere im Ausland häufig geschätzte System der dualen Berufsausbildung bröckelt in Deutschland und verliert zunehmend an Substanz. Schon im Zuge der Finanzkrise 2008/09 schrumpften die angebotenen Ausbildungsstellen um 50.000 – und gingen dauerhaft verloren. Nun konnten auch die Verluste von weiteren 60.000 Ausbildungsplätzen bundesweit in der Corona-Pandemie nicht wieder aufgeholt werden.

Foto: Heiko Stumpe

Dass mehr und mehr Unternehmen sich größeren Herausforderungen bei der Besetzung ihrer Ausbildungsplätze konfrontiert sehen, sei jedoch nur eine Seite der Medaille, meint Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt: „Auf der anderen Seite sehen wir, dass viele Betriebe auch lauthals nach Fachkräften lechzen und auf der anderen Seite nicht bereit sind in Auszubildende zu investieren oder ihnen eine Übernahmegarantie zu geben. Das kann eben auch nicht sein! Die Unternehmen müssen sich zum Teil auch an die eigene Nase fassen!“

Mehr und mehr Stimmen beklagen das Bildungsniveau von Schülerinnen und Schülern, die ihre Schullaufbahn beenden. Bundesweite Statistiken zeigen, dass die Abiturientenquote an den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen von Jahr zu Jahr steigt, aber gleichzeitig der Zugang zu Ausbildung für niedrigere Schulabschlüsse immer schwieriger wird. „Natürlich waren die Zeiten für Betriebe bei der Ausbildungsplatzvergabe schon mal einfacher. Wir haben akute Arbeitskräftelosigkeit – da sollten die Kriterien der Auslese vielleicht auch weniger selektiv gewählt werden. Klar ist: Die betriebliche Ausbildung kann keine komplette Schullaufbahn auffangen und dennoch lassen sich aus vielen Bewerberinnen und Bewerbern, die auf dem Papier nicht die hohen Ansprüche einzelner Unternehmen erfüllen, mit einem Mehr an Betriebsengagement vor Ort vielleicht wahre Diamanten formen.“

Ausbildungsangebote brauchen aber auch interessierte junge Menschen. Dafür müssen die Berufe, in denen ausgebildet wird, eine attraktive Perspektive bieten. Gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen sind dafür wesentlich, aber auch die beruflichen Entwicklungsperspektiven. Hier liegt die Verantwortung bei den Arbeitgebern: Gute Tarifverträge und berufliche Laubahnkonzepte vom Azubi zum Young Professional machen Berufe und Arbeit interessant. Und dennoch ist klar, so Gröger: „Ein Land in dem nur Master leben, das kann nicht funktionieren. Wir brauchen in Niedersachsen auch dringend Meister!“

Neben einem Finanzturbo für die maroden BBSen-Landschaft, brauche es zudem ein Mehr an beruflicher Orientierung im schulischen Alltag sowie insbesondere die schnelle Einführung einer Ausbildungsgarantie, welche die Bundesregierung auf gewerkschaftlichen Druck einführen will. Durch sie sollen junge Menschen ohne Ausbildungsplatz im Betrieb das Recht auf eine außerbetriebliche Ausbildung erhalten. „Nun muss das Parlament in Berlin schleunigst für die Umsetzung Sorge tragen!“, so Gröger. Ferner plädiert der Metaller im Gleichklang mit dem DGB dafür, dass das Bremer Modell eines Ausbildungsfonds als „Blaupause auch für unser Niedersachsen dienen könne. Das Land Bremen hat einen entsprechenden Fond auf den Weg gebracht, an dem sich alle Betriebe finanziell beteiligen müssen. Im Gegenzug erhalten Arbeitgeber, die auch ausbilden, Finanzmittel aus dem Topf zurück und können darüber hinaus auch noch weitere unterstützende Angebote in Anspruch nehmen. Treffend formulierte es der Deutsche Gewerkschaftsbund: Nur Trittbrettfahrer, die nichts für die Nachwuchsgewinnung tun, gehen leer aus.

 

Pressemitteilung: 049/2023

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