29.03.2022 | Die Taktung großer, globaler Katastrophen stellt auch die Gesellschaft und die Politik hierzulande vor große Fragen: Wie lassen sich die hohen Finanzbedarfe zur Bekämpfung der Krisenherde aufbringen? Nicht zuletzt hat der Krieg in der Ukraine diese Fragestellung offenbart. Um die zusätzlichen Ausgaben stemmen zu können und wichtige Projekte nicht von der Agenda fallen zu lassen, müssen Finanzmechanismen gefunden werden, die fiskalpolitische Spielräume ermöglichen.
Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, erklärt: „Das unsägliche Leid, das Putins Angriffskrieg in der Ukraine hervorbringt, muss ein Ende finden. Auch hier zulande werden die Herausforderungen durch die Auswirkungen des Krieges weiter wachsen und sich die ohnehin schon hohen Finanzierungsbedarfe verschärfen. Ich sehe schon die Gegner des Sozialstaates, die sich mit dem Rotstift wappnen, um unser Solidarwesen zu stutzen. Da sage ich klar: Nicht mit uns Gewerkschaften. Als IG Metall haben wir stets gesagt, dass die Schuldenbremse eine Zukunftsbremse ist. Wenn seitens der Regierung notorisch hieran festgehalten wird, müssen eben andere Maßnahmen ergriffen werden!“
Putins Invasion habe die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation der Industrie beschleunigt: „Der Krieg ist wie ein Katalysator und zeigt, dass wir uns einseitig in fossile Energieabhängigkeiten begeben haben. Zeitgleich ist die Notwendigkeit einer Nachhaltigkeitsrevolution sichtbarer denn je. Wir brauchen nun einen Turbo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Planungsverfahren sind zu beschleunigen, Blockaden bei der Windkraft wegen Abständen zu brechen. Die Verbraucher*innen und auch die energieintensive Industrie brauchen stabile sowie planbare Rahmenbedingungen!“, fährt der Gewerkschafter fort. Ferner sehe die IG Metall auch bei Themen wie der energetischen Gebäudesanierung sowie dem beschleunigten Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur große Finanzierungsbedarfe. „Nicht zuletzt dürfen wir die soziale Frage nicht aus den Augen verlieren. Die Zahl der auf Hartz IV angewiesenen Rentnerinnen und Rentner in unserem Land hat einen neuen Rekordstand erreicht!“, fügt Gröger an.
„Wir sehen, dass sich der Staat in eine Einbahnstraße begibt. Einerseits sollen 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr aus dem Hut gezaubert werden, anderseits soll an der Schuldenbremse in Reinform festgehalten und die Krisengewinner weiter geschont werden. Wir brauchen eine Anpassung bestehender, gesetzlicher Regelungen!“, so Gröger weiter.
Der Staat sollte nach Ansicht des Bezirksleiters alle Register in Erwägung ziehen. „So auch die in Artikel 106 des Grundgesetzes gegebene Möglichkeit einer einmaligen Vermögensabgabe. Aber auch die deutliche Steuererhöhung für Spitzenverdiener sollte endlich ernsthaft diskutiert werden. Gebetsmühlenartig predigen wir seit Jahren, dass starke Schultern mehr tragen können als finanziell schwächere. Ob Einkommen, Erbschaften, Kapital und Vermögen – hier muss der Staat ran und zu einer schärferen Besteuerung kommen. Wir haben multiple Krisen: Pandemie, Klimawandel und Krieg in Europa. Wenn nicht jetzt diejenigen Krisengewinner zur Kasse gebeten werden, die sich jahrelang die Taschen vollgemacht haben, ist das ein historisches Versäumnis!“
(Presseinformation Nr. 26/2022)