Inflation kennt kein Alter

IG Metall-Jugend im Austausch mit Wirtschaftsminister Olaf Lies

20.02.2024 | „Wer an die Zukunft glaubt, glaubt an die Jugend“, heißt es nach Erich Kästner. Zugleich steht die junge Generation vor beispiellosen Herausforderungen: Auf der einen Seite wirken die Folgen der Corona-Pandemie schwer, andererseits bereiten Kriegsherde, ob in der Ukraine oder im Nahen Osten, und die Gefahr durch den globalen Klimawandel große Sorgen. Während der Jugend im Volksmund eine Leichtigkeit zugeschrieben wird, so schwer lasten auf vielen Schultern die Zukunftssorgen. Während Vielfachkrisen die Perspektivsorgen schüren, setzen Inflation und Ausbildungsplatzdruck die jungen Menschen zusätzlich unter Druck. Die IG Metall-Jugend, als größter politischer Jugendverband in Deutschland, ging zu vielen dieser Themen in den Austausch mit niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD).

Während die Wirtschaft unter dem Fachkräftemangel krächzt, sieht die IG Metall insbesondere die Betriebe in eigener Verantwortung: „Wer Fachkräfte will, muss eben auch ausbilden!“, fordert IG Metall-Bezirksjugendsekretärin Louisa Mertens. Die IG Metall setzt sich auf allen Ebenen für den Erhalt und Ausbau von Ausbildungsplätzen ein. Die Sicherung von Ausbildungsplätzen ist ein zentraler Hebel zur Fachkräftesicherung. Dabei geht es nicht nur um den quantitativen Aufwuchs von Ausbildungsplätzen, sondern auch darum, für die Besetzung aller ausgeschriebenen Ausbildungsplätze zu sorgen. „In vielen Unternehmen ist ein schleichender Abbau von Ausbildungsplätzen zu beobachten. Als Begründung für unbesetzte Ausbildungsstellen dient häufig eine vermeintlich mangelnde Qualität der Bewerbenden, welche auch als Rechtfertigung genutzt wird, um die Anzahl der Ausbildungsplätze in den kommenden Jahren fortlaufend zu reduzieren. Als IG Metall setzen wir uns dafür ein, allen jungen Menschen eine Chance zu geben. Daher verlangen wir von den Unternehmen, jungen Menschen unabhängig des Schulabschlusses oder mit unterbrochener Bildungsbiografie eine Chance zu geben“, so die Gewerkschafterin weiter.

Die IG Metall unterstützt die von der DGB-Jugend geforderte Ausbildungsgarantie mit Umlagefinanzierung. Sie muss von der Gesetzgeberseite festgeschrieben und umgesetzt werden. Der IG Metall ist dabei wichtig, dass ein tatsächlicher Anspruch auf einen dualen Ausbildungsplatz für (junge) Menschen geschaffen wird. Der Gesetzentwurf zur Ausbildungsgarantie, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgelegt hat, ist ein guter Anfang. „Hier fehlt allerdings leider die Umlagefinanzierung komplett. Diese ist aus unserer Sicht aber besonders wichtig. Mit ihr erfahren Betriebe, die bisher nicht ausgebildet haben, einen Anreiz für die Einführung von Ausbildung. Bereits bestehende Ausbildungsbetriebe bekommen so finanzielle Unterstützung. Ein erster Schritt zur Umlagefinanzierung könnte eine tarifliche Regelung in einer der nächsten Tarifrunden darstellen. Der umlagefinanzierte Ausbildungsfonds in Bremen kann hier als Vorlage dienen“, führt die Metallerin aus.

Mit der Transformation der Industrie gehen viele neue Technologien und damit verbundene neue Kompetenzen einher. Diese Kompetenzen und Fertigkeiten gilt es auch in die Berufsbilder der dualen Ausbildung zu integrieren. Der Stellenwert der dualen Berufsausbildung muss deutlich gestärkt werden. Die Fachkräfte von morgen sollen heute in den Ausbildungsbetrieben fit für die Zukunft gemacht werden. Batteriezellfertigung und damit einhergehende neue Kreislaufwirtschaftssysteme, aber auch Wasserstofftechnologie sind nur wenige Schlagworte, die beschreiben, wie sich die Arbeits- und Ausbildungswelt zukünftig verändern wird. Die duale Berufsausbildung befindet sich demnach inmitten einer Renaissance. „Man muss keine App entwickeln, um von der digitalen Arbeitswelt berührt zu werden. Betroffen sind alle Auszubildenden – denn digitale Technik hält überall in den Unternehmen Einzug: Roboter arbeiten Hand in Hand mit den Beschäftigten, Schweißsimulatoren finden sich immer öfter in den Ausbildungszentren ein, Maschinen rüsten sich selbstständig um, digitale Assistenzsysteme wie Tablets und Datenbrillen vereinfachen mehr und mehr die Aufgaben. Wir erleben gerade einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt. Damit geht allerdings auch ein Wandel der Anforderungen an die Arbeit und die Qualifikation der Beschäftigten einher. Bildung und Qualifizierung werden zum entscheidenden Schlüssel für die digitale Arbeitswelt – oder kurz gesagt: Industrie 4.0 braucht Qualifizierung 4.0, Industrie 4.0 braucht Ausbildung 4.0“, macht die IG Metall deutlich.

„In allen Branchen suchen wir Fachkräfte, und gleichzeitig stellen wir fest, dass jährlich tausende Schulabgänger einfach aus den Statistiken verschwinden. Wir müssen wieder für eine klar strukturierte Berufsorientierung und für eine bessere Betreuung der Schulabgänger sorgen. Politik, Gewerkschaften und Unternehmen müssen gemeinsam dafür werben, dass sich eine Ausbildung nicht nur finanziell lohnt, sondern auch beste Aussichten für die kommenden Jahrzehnte mit sich bringt. Die Metall- und Elektroindustrie hat dabei zweifellos eine Schlüsselrolle. Sie zeichnet sich durch Innovation, höchste Qualität und internationale Wettbewerbsfähigkeit aus. Die Unternehmen in dieser Branche tragen maßgeblich zum Wohlstand bei. Wir können es uns nicht leisten, dass junge Menschen, die wir gerade in der Industrie für die Transformationsprozesse brauchen, verloren gehen“, so Wirtschaftsminister Olaf Lies.

Besonders die letzten Jahre hätten Jugendliche erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. In einigen Branchen konnten gute Tarifabschlüsse das durch die Inflation entstehende Loch im Geldbeutel kleiner halten. Dennoch sind Auszubildende und Dual Studierende besonders durch die Preissteigerungen betroffen. „Inflation kennt kein Alter. Dennoch sind junge Menschen überproportional stark von der Geldentwertung betroffen. Es ist schlicht ein Irrglaube, dass man in der Erstausbildung kaum Kosten habe. Viele junge Menschen müssen von Dörfern in Städte umziehen, um in der Nähe ihres Ausbildungsplatzes zu sein. Dort, wo vielleicht von daheim zur Arbeit gependelt wird, sprengt der hohe Spritpreis weitere Krater ins Portemonnaie! Anderenorts ist ein Umzug alternativlos. Allerdings erscheinen für viele Azubis auch 1-Zimmer-Wohnungen wie Luxusappartements, wenn man sich die Mietpreise anschaut. Wir haben die klare Erwartungshaltung an die Landesregierung, dass sie endlich aus dem Puschen kommt beim Thema preisgünstiger Wohnraum. Gerade für junge Menschen frisst die Miete nicht selten mehr als 70 Prozent des verfügbaren Einkommens!

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