Transformationsstrompreis muss kommen:

Deutschland-Malus ablegen - SPD muss ihren Kanzler auf Kurs bringen

13.09.2023 | Vor über zwei Jahrzehnten erschütterten angelsächsische Medien erstmals das deutsche Gemüt, indem sie das Land als den „kranken Mann Europas“ bezeichneten. Im Juni 1999 zitierte Deutschland auf negativste Weise das Cover des britischen Wirtschaftsmagazins „The Economist“ – 2023 gibt es eine Neuauflage jener Titelseite. Führende Ökonomen, beispielsweise vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, blicken zum derzeitigen Zeitpunkt allerdings weniger schwarzmalend auf den Zustand der Republik, wenngleich notwendige Reformen, wie beispielsweise ein kluges Transformationsprogramm sowie eine umfassende Investitionsoffensive, zwingend angeschoben werden müssen. Der Frage der misslichen Lage des Wirtschaftsstandorts Deutschland geht auch die niedersächsische Landespolitik auf die Schliche und beschäftigt sich im Rahmen einer aktuellen Stunde mit den belastenden Energiepreisen.

Denn klar ist: Die Zeit drängt. Die Belastungen steigen. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei den Strompreisen an der Spitze – 2022 kostete eine Megawattstunde Industriestrom für Großverbraucher im Schnitt 386 Euro. 2020 lag der Preis im Jahresschnitt noch bei 84 Euro. Nach Ansicht der IG Metall ließe sich der Deutschland-Malus, der akute Wettbewerbsnachteil durch hohe Energiekosten, leicht ablegen: Die IG Metall fordert deshalb einen Brückenstrompreis.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schlägt einen Industriestrompreis von sechs Cent pro Kilowattstunde vor. Die IG Metall plädiert jedoch für einen Preis von fünf Cent, basierend auf den Strompreisen im europäischen Raum. Eine solche Preisgrenze würde der energieintensiven Branche Erleichterung bringen und ihre Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene stärken. Zudem könnten die Betriebe in wichtige Investitionen für eine klimaneutrale Produktion investieren.

IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger erklärt am Morgen in der Landeshauptstadt: „Die Quintessenz aus den aktuellen Herausforderungen darf kein neoliberaler Sparkurs sein. Die schwarze Null als ultimatives Mantra vor sich herzutragen, hilft derweil null Komma null.“ Er fügt an: „Die Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb steht ernsthaft auf dem Spiel. Dies betrifft insbesondere die energieintensive Grundstoffbranche. Unternehmen wie Stahlproduzenten, chemische Betriebe und Aluminiumhütten leiden unter den steigenden Stromkosten - und davon haben wir im Land nun mal diverse. Ihre langfristige Existenz könnte bedroht sein. Wenn die Kosten weiterhin ansteigen, könnten Betriebsstätten und wichtige Zukunftsinvestitionen in Frage stehen und viele Jobs könnten verloren gehen!“

Die IG Metall in Niedersachsen lobt die Vorstöße der rot-grünen Regierung hierzulande. Niedersachsen habe bereits früh die Dringlichkeit der Frage nach bezahlbaren Strompreisen für die energieintensiven Branchen erkannt. Auch die eingebrachte Initiative im Bundesrat ziele zweifelsfrei in die richtige Richtung. „Allerdings verkennen die Plenareden der Koalitionäre eines: Ihre Parteifreunde sitzen in Berlin in Verantwortung. Olaf Scholz kann, wenn er sich an sein Wahlkampfversprechen von günstigen Strompreisen erinnert, wichtige Brücken in die Zukunft schlagen, statt Betriebstüren abschließen zu müssen. Es ist bereits eine Minute vor 12!“, führt der Bezirksleiter der IG Metall aus.

Wichtig und das ließen die Fraktionen in ihren Redebeiträgen vermissen: Die Staatshilfe sollte es nur unter bestimmten Bedingungen geben. Wer die Förderung erhält, muss sich zu Investitionen in den Umbau der eigenen Produktion verpflichten. Betriebsräte und zuständige Gewerkschaften müssen eng einbezogen werden und Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung aushandeln und Tarifverträge müssen gelten. Wichtig außerdem: Der Brückenstrompreis muss klar auf die energieintensiven Branchen beschränkt sein, die sich nachweislich auch auf den Weg in eine klimafreundliche Zukunft machen. Etwa auf Stahlwerke, Gießereien, Aluminiumhersteller. „Gezielte Hilfe statt Gießkanne muss hier das Motto sein!“, so der Metaller abschließend.

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