23.03.2021 | Nach drei Verhandlungsrunden voller Stillstand haben sich die Arbeitgeber bei Volkswagen zum vierten Treffen bedauerlicherweise nur mit ersten Trippelschritten in Bewegung gesetzt. Ihr erstes Angebot für den neuen Haustarif des Autobauers bleibt aber noch meilenweit hinter den berechtigten Erwartungen der Beschäftigten zurück.
Entsprechend verärgert zeigte sich IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger nach Runde 4 am Dienstag: „Auch heute sind wir substanziell nicht weiter nach vorne gekommen. Dass die Arbeitgeberseite ein Angebot präsentiert hat, ist ein Fortschritt – dieses ist allerdings völlig unzureichend. Der Konzern hat jetzt die Möglichkeit schnell nachzubessern und ein Paket zu schnüren, das den gestellten Forderungen unsererseits gerecht wird. Die Belegschaft hat etwas Besseres verdient!“
Für die 135.000 Beschäftigten fordert die Gewerkschaft eine Entgelterhöhung von 4 Prozent rückwirkend zum 1. Januar 2021, Verbesserungen bei der 2019 neu eingeführten tariflichen Freistellungszeit sowie die Festschreibung von 1.400 Ausbildungsplätzen pro Jahr für die kommenden zehn Jahre. Gewerkschaft und Arbeitgebervertreter tagten heute in kleiner Runde. Verhandelt wurde der Haustarifvertrag für die sechs westdeutschen Werke in Wolfsburg, Braunschweig, Salzgitter, Hannover, Emden und Kassel sowie bei den Financial Services, Volkswagen Immobilien und Volkswagen Vertriebsbetreuungsgesellschaft.
Das im Rahmen der Verhandlungsrunde präsentierte Angebot durch Volkswagen entspreche, so Thorsten Gröger, absolut nicht den Erwartungen der Gewerkschaft: „Die Arbeitgeber haben heute ein sogenanntes „Angebot“ präsentiert, das aber keine Grundlage gewesen ist, um die Verhandlung zum jetzigen Zeitpunkt fortzusetzen!“ Zu kurz, zu wenig, unzureichend – so beschreibt Gröger das präsentierte „Angebot“: „Eine Laufzeit von 30 Monaten, eine mickrige Einmalzahlung in Höhe von 250 Euro im April 2021 sowie eine tabellenwirksame Entgelterhöhung von 1,2 Prozent ab 1. Juni 2022 sind absolut indiskutabel. Auch bei den Freistellungstagen sieht die Arbeitgeberseite nach wie vor keine Änderungsnotwendigkeit. Zur Forderung der Verlängerung der 1.400 Ausbildungsplätze wollte das Unternehmen ebenfalls keine Zusagen treffen. Unsere Forderungen sind hinlänglich bekannt. Die Reaktion auf die heutige Verhandlung wird man die kommenden Tage an den verschiedenen Standorten sehen. Die Kolleginnen und Kollegen werden die richtige Antwort geben!“ Gröger kündigt an: „Ab heute werden die zahlreichen Beschäftigten bei Volkswagen erneut und deutlich intensiver ihren Unmut äußern – der Protest wird spürbar sein!“
Dass Volkswagen im Corona-Krisenjahr 2020 Gewinne in Milliardenhöhe eingefahren habe, verdiene Respekt. „Aber dies ist allen voran die Leistung der Belegschaft. Die Mannschaft an den vielen Standorten hat echte Wertschätzung verdient und muss an den Gewinnen beteiligt werden!“, so Thorsten Gröger nach der Verhandlung in Wolfsburg. Seit Anfang März, so Gröger, hätten sich bei der Volkswagen AG und den Volkswagen-Töchtern mehr als 65.000 Beschäftigte an betrieblichen Aktionen (wie beispielsweise Frühschlussaktionen) beteiligt. Man werde „die Intensität der Aktivitäten und Warnstreiks hochfahren. Wenn dies notwendig ist, um die Arbeitgeber in Richtung unserer Forderungen zu lenken, dann werden wir die Eskalation nicht scheuen!“, zeigt sich der Gewerkschafter kämpferisch.
Volkswagens Gesamtbetriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh fügt hinzu: „Dieses miese ‚Angebot‘ ist eigentlich gar keinen Kommentar wert! Immerhin kam die Arbeitgeberseite diesmal nicht zum vierten Mal mit leeren Händen. Das ist ein erster kleiner Fortschritt. Aber klar bleibt auch: Das, was das Unternehmen ‚Angebot‘ nennt, hat diesen Namen nicht annähernd verdient. Da haben wir noch einen sehr weiten Weg vor uns. Die Stimmung in der Belegschaft ist eindeutig: Statt Reallohnverluste anzubieten erwarten wir, dass sich das Unternehmen endlich vernünftig mit unseren berechtigten Forderungen auseinandersetzt. Diese Verärgerung werden unsere Kolleginnen und Kollegen jetzt an den Standorten verstärkt sichtbar machen.“
Ein neuer Verhandlungstermin ist derzeit nicht terminiert.