Pfui!

Tarifdumping im Elektro-Handwerk

Mit rund 5.000 Betrieben und mehr als 60.000 Beschäftigten ist das Elektrohandwerk eine der größten Handwerksbranchen im Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. An ihnen kommt man nicht vorbei, wenn man Digitalisierung und Klimatransformation erfolgreich bewältigen will. Die Landesinnungsverbände des Elektrohandwerks sowohl in Niedersachsen als auch in Sachsen-Anhalt verweigern ihren Beschäftigten gute und faire IG Metall-Tarifverträge.

Foto: istockphoto, puhimec

Seit Jahren schließen die Landesinnungsverbände für Elektro- und Informationstechnik Niedersachsen/Bremen und im Land Sachsen-Anhalt Dumpingverträge mit der "Christlichen Gewerkschaft Metall" (CGM) ab. Diese hat jedoch in den Betrieben der Elektrohandwerke so gut wie keine nachweisbaren Mitglieder. In anderen Branchen wurde der CGM wegen fehlender Mitglieder in den Betrieben bereits vom Bundesarbeitsgericht die „Tariffähigkeit“ aberkannt, so zum Beispiel im Tischlerhandwerk. In der Folge wurden ihre sogenannten Tarifverträge als unwirksam erklärt.

Keine Mitglieder und damit keine Bindung an die Basis

Die CGM ist heute in vielen Handwerksbereichen unterwegs und das bundesweit. In den sogenannten „Verhandlungen“ haben sie dabei nur eine Funktion: Sie müssen unterschreiben. Denn all die Verhandlungen führt die CGM freischwebend, ohne Mandat, ohne Auftrag von betroffenen Kolleginnen und Kollegen. Schlimmer noch: Da sie so gut wie keine Mitglieder in Handwerksbetrieben haben, können sie deren Probleme nicht aus eigener Anschauung kennen, sondern sind auf das angewiesen, was ihnen die Unternehmer erzählen.

Die Folge: DUMPINGtarifverträge

Diese Scheinverhandlungen führen zu Dumpingtarifverträgen und diese in der Folge zu deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen als in den Tarifverträgen der IG Metall. So muss ein Beschäftigter dank der CGM im Elektrohandwerk zum Beispiel 40, statt 36 Stunden in der Woche arbeiten. 30 Tage Urlaub muss sich durch Lohnverzicht „erkauft“ werden. Auszubildende erhalten sogar grundsätzlich nur 27 Tage Urlaub im Jahr. Sonderzahlungen können aufgrund von krankheitsbedingten Fehltagen anteilig gekürzt werden und durch die Einführung einer Jahresarbeitszeit sind bis zu 45 Wochenstunden ohne Mehrarbeitszuschlag keine Seltenheit.

In Sachsen-Anhalt hatte es 2011 erstmals wieder Kontakte mit der Landesinnung gegeben. Die Zusage ab 2013 wieder ins "Tarifgeschäft" mit der IG Metall einzusteigen wurde allerdings vom Landesinnungsverband bis heute nicht eingehalten. Es werden weiterhin Gefälligkeitstarife mit der "CGM" vereinbart.

Innungen brauchen Tarifverträge

Die gesetzlichen Regelungen in der Handwerksordnung, die den Innungen und Innungsverbänden Tariffähigkeit verleihen, haben den Zweck, die Tarifautonomie im Bereich des Handwerks zu fördern und den Gewerkschaften einen leistungskräftigen Tarifpartner zur Seite zu stellen. Nur so können die Arbeitsbedingungen wirksam geordnet und das Arbeitsleben befriedet werden.

Die Handwerksinnungen haben ein großes Interesse daran, Tarifverträge abzuschließen. Dieses tun sie mit der CGM vor allem aus 4 Gründen:

  1. Nicht zufällig gibt es die meisten Gefälligkeitstarifverträge in der Baubranche, die vor allem von großen Aufträgen auf Baustellen lebt. Hier, wo zwischen Angebot und Rechnung manchmal mehrere Jahre liegen, erlaubt die „Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen“, zwischenzeitliche Lohnerhöhungen auf den Angebotspreis aufzuschlagen – aber nur, wenn diese auf einem registrierten Tarifvertrag basiert. Ideal wäre für die Arbeitgeber also eine Gewerkschaft, die satte Lohnerhöhungen vereinbart, welche voll auf die Kunden aufgeschlagen werden könne, die aber im Betrieb zu schwach ist, um diese auch bei den Kolleginnen und Kollegen durchzusetzen.
  2. Auch für die Tariftreueerklärungen, die staatliche Auftraggeber und nun auch immer mehr Bundesländer verlangen, bieten diese christlichen Gefälligkeitstarife die Ideallösung an: Papiere, die Tarifverträge heißen – und die Unternehmen dennoch zu nichts verpflichten, wozu sie nicht ohnehin bereit sind.
     
  3. Die christlichen Tarifverträge erlauben Öffnungsklauseln, um gesetzliche Bedingungen zu unterschreiten, was im Einzelarbeitsvertrag nicht möglich wäre, wie zum Beispiel beim Kündigungsschutz.
     
  4. Schließlich können die Arbeitgeber mit Hilfe der CGM endlich ein Papier mit der Überschrift „Tarifvertrag“ vorzeigen, ohne mit der IG Metall reden zu müssen. Das scheint für viele ideologisch verbohrte Arbeitgeberverbände noch wichtiger zu sein, als alle materiellen Vorteile.

Die Forderung der IG Metall

Wir fordern die Arbeitgeber auf, endlich wieder Tarifverträge mit der IG Metall abzuschließen! Nur eine durchsetzungsfähige und starke Gewerkschaft kann die besten Bedingungen für die Beschäftigten erstreiten. In Zeiten des Fachkräftemangels sind IG Metall-Tarifverträge ein Gütesiegel für gute und faire Arbeitsbedingungen. Auf der einen Seite nach fehlenden Fachkräften rufen, auf der anderen Seite Dumpingtarifverträge mit der CGM abschließen? Das passt nicht zusammen.

IG Metall Tarifverträge zeichnen sich durch eine hohe Innovationsfähigkeit aus. Weitreichende Regelungen zur Qualifizierung in der Transformation, Regelungen zur Altersvorsorge und früherem Renteneintritt und faire finanzielle Teilhabe durch regelmäßige Entgelterhöhungen bilden die Basis für gute Arbeitsbedingungen der Zukunft.

Was kann jede/r Beschäftigte tun?

Wir wollen die Landesinnungsverbände wieder an einen gemeinsamen Verhandlungstisch mit der IG Metall bringen. Für gute und faire Arbeitsbedingungen. Je mehr engagierte Mitglieder wir in den Betrieben der Elektrohandwerke haben, umso stärker und durchsetzungsfähiger sind wir. Mitglied der IG Metall zu sein, ist dabei der erste und wichtigste Schritt! www.igmetall.de/beitreten

Unsere Social Media Kanäle