03.05.2022 | Die in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschriebene Pressefreiheit stellt nicht nur eine wertvolle demokratische Errungenschaft dar, sondern sichert Freiheit, Menschenrechte und Unabhängigkeit. Investigativer und informativer Journalismus deckt Missstände auf, beleuchtet Unrecht und stellt eine öffentliche Kontrollinstanz dar. Leider ist eben jene Pressefreiheit in Gefahr – das zumindest zeigt die Statistik: Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) ist die Zahl der tätlichen Angriffe im Jahr 2021 auf ein Negativhoch geklettert.
„Mehr als 80 Kolleginnen und Kollegen sind Opfer von Gewalt geworden – davon mehr als 20 Fälle in Niedersachsen. Das ist nochmals eine Schippe drauf auf den Negativrekord des Vorjahres und untermauert die bedrohliche Entwicklung. Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher liegen. Wir haben eine gesellschaftliche Gruppe, die das Feindbild Journalist im Visier hat.“, warnt Jan-Niklas Hartge, Pressesprecher der IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Auch im Jahr 2022 scheint sich der Negativtrend mit weiteren 22 Vorfällen von pressefeindlicher Gewalt alleine bis März fortzusetzen.
Es seien nicht mehr nur Demonstrationen von Neonazis, wie im Kontext der NPD-Demo im Jahr 2019 in Hannover, bei denen die Pressefreiheit offen angegangen wird. Gerade vor dem Hintergrund der Pandemieberichterstattung „haben sich die Kolleginnen und Kollegen auf gefährliches Terrain begeben und wurden von Querdenkern, Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern mit Hass und Hetze konfrontiert. Das Skandieren von “Lügenpresse”, massive Einschüchterungsversuche und nicht zuletzt Morddrohungen: Viele Journalist:innen stehen auf den Feindlisten des rechten Milieus. Wohin dies führen kann, haben wir nicht zuletzt bei der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke gesehen. Dort, wo die Grenzen des Sagbaren verschwimmen, werden aus Worten schnell auch Taten. Aus Drohungen werden Morde.“, führt der Gewerkschafter aus.
Zurecht habe man als IG Metall die Erwartung, „dass der Staat die Pressefreiheit im Land besser schützt und die Justiz keine Samthandschuhe bei solchen Straftaten anlegt. Das, was Kolleginnen und Kollegen an Zusendungen bekommen oder auch digital an Spott, Hass und Drohungen ertragen müssen, ist vielfach nicht von der Meinungsfreiheit, sondern vom Strafgesetzbuch gedeckt.“
Nach Hartges Einschätzung erweisen sich gerade die sozialen Netzwerke als Brandbeschleuniger von Wut und Hass: „Beleidigungen, Bedrohungen, Holocaustleugnungen und vieles mehr speist täglich die Kommentarspalten der digitalen Plattformen. Insbesondere bei Facebook, Instagram und Youtube braucht es eine schärfere Strafverfolgung rechtsrelevanter Delikte – wenn die Betreiber nicht in der Lage sind, dann muss die Politik entsprechende Konsequenzen ziehen. Einerseits müssen die Netzbetreiber engmaschiger zur Prüfung von Verstößen gezwungen werden, andererseits muss Hass im Netz noch konsequenter von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt werden!“
Wenn Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit behindert würden, sei dies nicht nur ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit, sondern nehme demokratiegefährdende Züge an. „Die Pressefreiheit ist eine zentrale Säule unserer Gesellschaft. Wer die Presse- und Informationsfreiheit einschränkt, unabhängige Medien angreift und kritische Berichterstattung unterbindet, spricht sich auch gegen eine demokratische Gesellschaft aus. Dort, wo keine unabhängige Berichterstattung gewährleistet wird, findet keine öffentliche Kontrolle statt. Dort, wo die Pressefreiheit eingeschränkt wird, gibt es keine freie Meinungsbildung. Vielerorts können Journalistinnen und Journalisten nicht frei arbeiten, werden zensiert oder täglich für ihre Arbeit mit Gewalt bedroht oder gar ermordet. Weltweit ist die Pressefreiheit in vielen Regionen bedroht. Wohin die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit führen kann, sehen wir nicht zuletzt in Russland - dort erleben wir auch einen Krieg um Meinungshoheit und Informationen. Wer die Freiheit der Meinung und des Wortes unterdrückt, greift das Herz der Demokratie an! Wir stehen fest an der Seite der Journalistinnen und Journalisten weltweit.“, so der Gewerkschaftssprecher abschließend.
(Presseinformation Nr. 035/2022)