22.09.2021 | Am heutigen Mittwoch hat die IG Metall die Belegschaften der Salzgitter AG zu einer Kundgebung im Rahmen des Stahlaktionstages in Salzgitter aufgerufen. Unter dem Motto „Bereit für grünen Stahl“ haben die Beschäftigten ihre Forderungen in Richtung der Politik vor dem Kontext der anstehenden Bundestagswahl deutlich gemacht.
Die Gewerkschaft fordert gemeinsam mit den Beschäftigten von der Politik verlässliche und verbindliche Rahmenbedingungen für die Umstellung auf eine klimaneutrale Stahlerzeugung. Als einer der Hauptredner unterstrich Thorsten Gröger, IG Metall Bezirksleiter Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, vor Ort in Salzgitter für die Gewerkschaft: „Wir wollen keine warmen Worte mehr von der Politik, wir brauchen Taten, die die Zukunft des Stahls – ganz besonders hier in Salzgitter – wirklich sichern. Wie kaum ein Werkstoff hat der Stahl die Industrie verändert und ganze Zeitalter geprägt. Stahl steht nicht nur für Kraft, im Sinne von Stärke, er steht vor allem für eines: Wirtschaftskraft. Hier in Salzgitter ist gefühlt jede dritte Wurstbude von der Stahlindustrie abhängig. Ich will sagen: Nicht nur die Arbeitsplätze der Kolleginnen und Kollegen bei der Salzgitter AG, sondern auch für die direkt oder indirekt abhängigen Industriezweige, ist ein klares Signal nötig, wie es in Zukunft mit der Stahlproduktion in Deutschland weitergehen soll.“
Bereits seit Jahren setzt sich die IG Metall für geeignete politische Rahmenbedingungen ein, die sowohl den klimapolitischen Zielen Rechnung tragen, aber auch den Wirtschaftsstandort Europa und seine Arbeitsplätze nicht gefährden. Umweltschutz- und Industriepolitik müssen in Einklang gebracht werden und dürfen nicht konkurrierend gegenübergestellt werden. „Nachhaltigkeit im Kopf zu haben und zeitgleich die Arbeitsplätze mit zu bedenken, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch kein Widerspruch! Die Stahlindustrie hat zur Erreichung der Klimaschutzziele einen weitreichenden Transformationsprozess vor sich.“, fährt Gröger in seiner kämpferischen Rede fort.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, sei eine weitest gehende Dekarbonisierung auch in der Stahlindustrie unabdingbar. Dies sei technologisch machbar, aber auch mit großen Herausforderungen verbunden. Um den Wandel zu schaffen, müsse in der Hochofenroute zukünftig Wasserstoff als Reduktionsmittel eingesetzt werden und damit die Kohle ersetzen. Auf der Elektroofenroute muss der konventionelle Strom durch Strom aus erneuerbaren Energien ersetzt werden. Um diese Transformation erfolgreich durchzuführen, brauche es politische Unterstützung von Seiten der EU sowie der Bundesregierung. „Wir kämpfen deshalb für eine Forschungs- und Investitionsförderung, für den Ausbau der notwendigen Energie-Infrastruktur sowie für eine europäische Handelspolitik, die die klimafreundliche Stahlproduktion belohnt, statt sie zu bestrafen!“, erklärt der Gewerkschafter.
Fünf konkrete Anforderungen stelle die Gewerkschaft schon seit geraumer Zeit an die politischen Akteure: Es brauche erstens eine staatliche Förderkulisse, die Investitionen in klimafreundliche Anlagen und höhere Produktionskosten ermögliche. Zweitens sei der Ausbau von Produktionsanlagen und Leitungsnetzen von grünem Wasserstoff in Verbindung mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien voranzutreiben. Drittens müsse für bezahlbaren Strom aus regenerativen Energien Sorge getragen werden. Ferner brauche es ein branchenübergreifendes, also industrieumfassendes Handeln. Nicht zuletzt bedarf es Arbeitsplatz- und Standortgarantien sowie einen Ausbau an Qualifizierungsangeboten für die Beschäftigten in der Stahlindustrie.
Grüner Stahl ist in aller Munde. Die derzeitige Bundesregierung hat ein „Handlungskonzept Stahl“ beschlossen. „Ein Konzept an dem wir auch maßgeblich mitgewirkt haben, um zu untermauern, dass Klimaschutz und eine wettbewerbsfähige Industrie keine Widersprüche sind. Ziel ist es, eine wirkliche Chancengleichheit auf dem globalen Stahlmarkt zu schaffen. Die Bundesregierung wird sich deshalb bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass Schutzmaßnahmen vor subventionierten Billigstahl, vor allem aus Asien, beibehalten werden!“, fügt Gröger abschließend an und untermauert die Wichtigkeit der Stahlindustrie für den Wirtschaftsstandort Deutschland.