14.04.2021 | 4 Prozent mehr Geld für 12 Monate und die individuelle Wahlmöglichkeit des Beschäftigten, zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit zu entscheiden. So lautet die Kernforderung in der diesjährigen Tarifrunde. Letzteres ist ein wichtiger Baustein in der Frage der mittelfristigen Beschäftigungssicherung und der Bewältigung der Auswirkungen des Mobilitätswandels in der Kfz-Branche.
Bereits Ende März tagten die regionalen Tarifkommissionen des Kfz-Handwerkes in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und beschlossen die Forderung in der diesjährigen Tarifrunde. Der IG Metall Vorstand hat diese nun bestätigt.
Die wirtschaftliche Lage in den Werkstätten erholt sich schnell. Der Auftragseingang zieht wieder an. Die Werkstätten sind auch weiterhin gut ausgelastet, trotz Lockdown. „Die Branche rüttelt bereits an ihren Ketten und will losstürmen. Nur der anhaltende Lockdown hindert sie noch daran“, weiß Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall zu berichten. Auch im Corona-Jahr 2020 hat die Branche nach eigenen Angaben eine positive Rendite erwirtschaftet. Mit 1,2 Prozent liegt diese im langjährigen Durchschnitt. Das bestätigt, dass trotz aller Schwierigkeiten Geld verdient wurde.
Dafür sorgten in erster Linie die Kolleginnen und Kollegen, die auch während des Lockdowns voll im Einsatz waren: Mit Maske und Abstand brachten sie 100 Prozent Leistung. Wo dies nicht möglich war, gingen die Beschäftigten in Kurzarbeit und hatten Einkommensverluste hinzunehmen. „In beiden Fällen sind 4 Prozent mehr Geld für 12 Monate gut begründet und gerechtfertigt! Damit stärken wir nicht nur den privaten Konsum und kurbeln die Wirtschaft an: Die Experten erwarten für 2021 eine deutlich anziehende Inflation und das merken die Kolleginnen und Kollegen bereits heute nicht nur an der Zapfsäule.“, so Wente weiter.
Nicht nur für Kolleginnen und Kollegen mit Kindern, mit pflegebedürftigen Angehörigen oder auch für ältere Beschäftigte, denen der Job auf die Knochen geschlagen hat, ist das Thema der Zeitsouveränität ein wichtiges Anliegen. „Die Wahlmöglichkeit zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit, gewinnt immer größere Bedeutung. Außerdem ist es ein wichtiger Baustein zur mittelfristigen Beschäftigungssicherung und zur Bewältigung des Mobilitätswandels. Wir fordern daher zu Recht eine individuelle Wahlmöglichkeit des Beschäftigten, sein Einkommen auch in mehr freie Tage umzuwandeln!“, fährt der Gewerkschafter fort.
Nicht nur in der Tarifkommission, sondern auch in den Betrieben des Kfz-Gewerbes wurde die Forderung dieses Jahr heiß diskutiert. Am Ende waren sich die Kolleginnen und Kollegen einig: „Wir lassen uns aufgrund Corona nicht abhängen - so der einhellige Tenor. Es braucht trotz Krise spürbare Einkommenssteigerungen und vor allem Perspektiven im Mobilitätswandel. Eine individuelle Wahlmöglichkeit zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit bietet die Chance, den Strukturwandel der Branche auch im Sinne der Beschäftigten zu gestalten. Zur Durchsetzung unserer Forderung braucht es jetzt aber nicht nur innovative Ideen am Verhandlungstisch, sondern auch eine starke IG Metall in den Betrieben“, schildert Wente weiter.
Darüber hinaus geht es in der jetzt startenden Tarifrunde auch um eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung sowie einer Verbesserung der Ausbildungsqualität. „Wer morgen die besten Fachkräfte in den Betrieben beschäftigen will, muss diese bereits heute für sich gewinnen. Dazu zählt auch die bestmögliche Ausbildungsqualität“. Ferner dürfe auch die Ost-West-Angleichung der Gehälter nicht aus den Augen verloren werden: „Wir fordern von den Arbeitgebern eine Strategie ein, wie sie sich die Angleichung der Arbeitsbedingungen in Zukunft vorstellen. Ausreden über unterschiedliche Lohnhöhen in unterschiedlichen Regionen können und dürfen wir nicht akzeptieren. Zwar herrscht auch zwischen Niedersachsen und beispielsweise Baden-Württemberg ein Lohnunterschied. Aber: Fast zehn Prozent Monatseinkommen trennt Sachsen-Anhalt von Niedersachsen. Deutlich mehr als zwischen Nord- und Süddeutschland. Das ist völlig inakzeptabel.“, so Wente abschließend.
Die ersten Verhandlungen mit den Tarifgemeinschaften starten im Mai. Am 31.05.2021 enden die aktuellen Tarifverträge. Ab dem 01. Juni sind auch Aktionen und Warnstreiks in den Betrieben möglich.