23.02.2021 | Hannover/ Wolfsburg - Nach der dritten Verhandlungsrunde zwischen der IG Metall und Volkswagen sind die Beschäftigten enttäuscht: Wieder kein Angebot von Volkswagen. Die berechtigten Forderungen der IG Metall liegen auf dem Tisch. Für die 120.000 Beschäftigten fordert die Gewerkschaft eine Entgelterhöhung von 4 Prozent rückwirkend zum 1. Januar 2021, Verbesserungen bei der 2019 neu eingeführten tariflichen Freistellungszeit sowie die Festschreibung von 1.400 Ausbildungsplätzen pro Jahr für die kommenden zehn Jahre.
Gewerkschaft und Arbeitgebervertreter tagten heute in kleiner Runde. Verhandelt wird der Haustarifvertrag für die sechs westdeutschen Werke in Wolfsburg, Braunschweig, Salzgitter, Hannover, Emden und Kassel sowie bei den Financial Services, Volkswagen Immobilien und Volkswagen Vertriebsbetreuungsgesellschaft.
Von Unverständnis bis Empörung reicht die Bandbreite der Reaktionen auf die dritte Tarifverhandlung und das Verhalten der Volkswagen-Vertreter, die ohne einen konstruktiven Vorschlag gekommen waren. Der Verhandlungsführer der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Thorsten Gröger, macht unmissverständlich deutlich: „Volkswagen ist nicht auf uns zugekommen und versucht die Corona-Situation schamlos auszunutzen. Jetzt werden wir unter Beweis stellen, dass wir auch unter Pandemie-Bedingungen voll handlungsfähig sind. Dass die IG Metall in diesem Jahr zeitgleich für die Metall- und Elektroindustrie und für Volkswagen verhandelt, stärkt unsere Position. Die Belegschaften dieser beiden Tarifbewegungen werden nun gemeinsam für ihre berechtigten Forderungen streiten. Das Verhalten der Arbeitgeber führt dazu, dass wir die Beschäftigten jetzt mobilisieren werden. Warnstreiks sind somit bereits ab dem 2. März möglich.“
Volkswagens Gesamtbetriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh sagte: „Unsere Kolleginnen und Kollegen haben seit 33 Monaten keine Entgelterhöhung gesehen. Unsere Forderungen sind seit langem bekannt. Dreimal kam die Arbeitgeberseite nun schon mit leeren Händen in die Verhandlungen – das ist inzwischen nur noch peinlich. Wenn die Unternehmensseite dieses Versteckspiel nicht bald beendet, werden wir dafür sorgen müssen.“
Verärgert holt Gröger aus: „Volkswagen hat wertvolle Zeit vertan. Statt den Forderungen mit einem wertschätzenden Angebot zu begegnen, redet Volkswagen um den heißen Brei herum. Hinsichtlich eines Angebotes von den Arbeitgebern können wir bisher nur feststellen: Fehlanzeige. 120.000 Beschäftigte haben seit Mai 2018 keine Tabellenerhöhung mehr bekommen, müssen aber die Transformation schultern und die Folgen der Corona-Pandemie tragen.“
„Natürlich sehen wir die schwierige wirtschaftliche Lage, die durch die Corona-Pandemie entstanden ist“, so der IG Metall-Bezirksleiter weiter. „Aber wir sehen auch, dass Volkswagen im letzten Jahr trotz Corona deutliche Gewinne verbuchen konnte, dass die Beschäftigen verzichtet und die Hauptarbeit geleistet haben. Und wir wissen auch: Aus der Krise heraus kommen wir letztlich nur durch eine Steigerung des Konsums. Alle führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sehen eine Belebung der Wirtschaft. Da darf eine Leitbranche wie die Automobilindustrie kaum Verzicht der Beschäftigten predigen. Im Gegenteil: Wir müssen jetzt das Signal setzen, dass es auch eine Zeit nach der Krise geben wird. Das ist vor allem im Interesse des Unternehmens Volkswagen.“