TISCHLERHANDWERK SACHSEN-ANHALT

Tarifverhandlungen im Tischlerhandwerk gestartet - Unverschämt: Arbeitgeber boten 1 Prozent trotz boomender Wirtschaft im Baugewerbe

20.01.2020 | Potsdam/ Hannover – Deutschland erlebt einen Bauboom! Grund ist vor allem die gute Wirtschaftslage auf dem Bau und im Innenausbau.

Foto: industryview/iStock

Größere Aufträge von Bund und Land beschäftigen die Tischlereien in Sachsen-Anhalt, wo noch vor Weihnachten die erste Tarifverhandlung für das Tischlerhandwerk im Tarifgebiet Ost stattfand.

Die Tarifkommission der IG Metall beschloss auf Grundlage der Wirtschaftsdaten eine Entgeltsteigerung von 6 Prozent für 12 Monate. „Der Umsatz der Unternehmen ist im Durchschnitt um 3,5 Prozent gestiegen. Die Entgelte sind hingegen rund 20 Prozent niedriger als im Westen. Wir müssen diese Gerechtigkeitslücke jetzt endlich schließen. Die Forderung von 6 Prozent entspricht für einen Facharbeiter im Ecklohn eine Steigerung von 135 Euro auf dann 2397 Euro im Monat. Das muss in Zukunft das Mindestmaß für Facharbeit im Tischlerhandwerk Sachsen-Anhalt sein“, erklärt Markus Wente, Verhandlungssekretär des IG Metall Bezirks Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Die Arbeitgeber boten dagegen mickrige 1 Prozent für 12 Monate und 1 Prozent für weitere 12 Monate an. Alle weiteren Entgelterhöhungen sollen die Beschäftigten laut Tarifgemeinschaft der Landesinnungsverbände des Tischlerhandwerks selber bezahlen, z.B. durch Verzicht auf Urlaubstage oder weniger Urlaubs- und Weihnachtsgeld. „Das ist mit uns nicht zu machen. Wir erwarten für die nächste Verhandlungsrunde am 22. Januar ein Angebot der Arbeitgeber, das es Wert ist verhandelt zu werden. Denn die Auftragslage im Tischlerhandwerk ist so gut wie nie zu zuvor. Die vielen Aufträge können in den vorgegebenen Zeiträumen gar nicht mehr abgearbeitet werden. Unter diesen Umständen ist selbst ein erstes Angebot unterhalb der Inflation völlig inakzeptabel. Mit einer solchen Einstellung schaden die Arbeitgeber der Branche und sich selbst“, so Wente.  

Viele Tischlereien suchen händeringend Fachkräfte. Klar ist: die Zahl der Tischler-Azubis ist in den letzten 15 Jahren um fast die Hälfte zurückgegangen. Wer heute nicht ausgebildet wird, kann morgen nicht als Geselle im Betrieb Leistung erbringen. „Neben den Kollegen, die keinen geeigneten Azubi finden, gibt es genauso interessierte Schüler*innen, die keinen Ausbildungsbetrieb finden. Bildeten 2003 noch gut 30 Prozent der Tischlereien aus, sind es heute nur noch 24 Prozent. Klammert man mal die rein schulische Ausbildung aus, muss also ein Viertel der Betriebe das Personal für die gesamte Branche heranziehen. Wer selbst nicht ausbildet, aber lautstark den Fachkräftemangel beklagt, sollte sich dessen bewusst sein. Nichts fällt vom Himmel, auch gute Tarifverträge im Übrigen nicht“, erklärt der Handwerks- und Tarifexperte.

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