11.05.2023 | Es ist nichts verwerfliches daran, seiner Mutter zum Muttertag Blumen oder Schokolade zu schenken. Ein Großteil der Mütter wünscht sich allerdings vor allem eines: Echte Gleichstellung. Noch immer stemmen Frauen maßgeblich die Kinderbetreuung, stecken häufig mit ihrer eigenen Karriere zurück, werden schlechter bezahlt als ihr männlicher Kollege, haben ein spürbar erhöhtes Risiko der Altersarmut - die Liste der geschlechterspezifischen Benachteiligungen ist lang.
„Aus der Gender Care Gap wird die Gender Pay Gap wird die Gender Pension Gap. Insbesondere während der Hochphasen der Pandemie haben Mütter vieles gewuppt. Das verdient höchste Anerkennung, aber mehr als warme Worte und Blumensträuße! Insbesondere die Lage von alleinerziehenden Müttern in unserem Land ist nach wie vor dramatisch. Da muss die Politik endlich ran!“, so Thorsten Gröger, IG Metall-Bezirksleiter für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.
Zentrale Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung hat die WSI-Expertin für Geschlechterforschung Dr. Yvonne Lot bereits 2021 präsentiert. Zu den kurzfristigen Maßnahmen zählen:
Gewährleistung der institutionellen Kinderbetreuung: Die institutionelle Kinderbetreuung solle ausgebaut und besser ausgestattet werden. Das gewährleiste auch mehr Stabilität in Krisen.
Förderung betrieblicher Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Damit Mütter und Väter auch in Krisenzeiten ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen und Beruf und Familie besser vereinbaren können, müsse die Arbeitszeitsouveränität von Beschäftigten gestärkt werden. Betriebliche Angebote zu orts- und zeitflexiblen Arbeitsarrangements müssten flankiert werden durch eine betriebliche Kultur, die familiäre Verpflichtungen anerkennt, und eine Arbeitsorganisation, die flexibles Arbeiten durch eine ausreichende Personalausstattung und verbindliche Vertretungsmöglichkeiten unterstützt.
Loslösen des Kurzarbeitergelds und des Arbeitslosengelds von der Steuerklasse III/V: Da Frauen deutlich häufiger in der Steuerklasse V und Männer häufiger in der Steuerklasse III vertreten sind und Frauen somit aufgrund der ungleichen steuerlichen Belastung geringere Nettoeinkommen beziehen, erhalten sie im Schnitt auch ein geringeres Kurzarbeitergeld bzw. Arbeitslosengeld. Um diese Ungleichheit zu vermeiden, sollten diese Leistungen an die Steuerklasse IV gekoppelt werden. Zugleich sollten aber Verschlechterungen der bisherigen Entgeltersatzleistungen wegen des Entfallens dieser Steuerklassenkombination verhindert werden, um Familieneinkommen nicht zu schädigen. Dazu empfehlen die Forscherinnen und Forscher, die Lohnersatzraten generell zu erhöhen
Aufwertung der sozialen Dienstleistungsberufe: Einmal mehr sei in der Krise die Unterbewertung von Dienstleistungsberufen (z.B. Pflegeberufe, Einzelhandel) deutlich geworden. Die Arbeitsleistung von Beschäftigten dieser Bereiche müssten gesellschaftlich und finanziell anerkannt und aufgewertet werden.
Langfristig empfehlen die WSI-Expertinnen und Experten:
Reform des Ehegattensplittings: Die Steuerklassenkombination III/V bei verheirateten Paaren setze Fehlanreize, da aufgrund der überproportionalen steuerlichen Belastung bei einer Aufstockung der Arbeitsstunden das Nettoeinkommen unterproportional steigt. Zusammen mit der kostenlosen Mitversicherung in der Krankenkasse führe dies dazu, dass es für verheirate Frauen teilweise (kurzfristig) sinnvoller erscheint, geringfügig statt sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein. Eine mögliche Reform des Ehegattensplittings könnte die Abschaffung der Steuerklasse V sein, sodass Ehepaare auf die bestehende Alternative IV/IV oder das Faktorverfahren zurückgreifen.
Ausbau der Partnermonate des Elterngeldes: Zur langfristigen Förderung der egalitären Aufteilung der Kinderbetreuung sollten die Partnermonate von zwei auf vier und langfristig auf sechs Monate erhöht werden.
Ausbau der 30-Stunden-Woche: Mit der Förderung der 30-Stunden-Woche könnte ein Abbau von Arbeitsplätzen verhindert und gleichzeitig die Gleichstellung zwischen Frau und Mann gefördert werden.
Pressemitteilung: 046/2023