30.01.2024 | Deutschlands Infrastruktur geht auf dem Zahnfleisch: Statt kleinteiliger Flickschusterei braucht es nach Ansicht der IG Metall eine massive Investitionsoffensive, um gerade den Notwendigkeiten der sozial-ökologischen Transformation Rechnung zu tragen. Die Mängelliste ist lang: Von der Bahninfrastruktur über Wasserwege bis zur Digitalisierung von Bildung und Verwaltung. Diese Defizite schaden nicht nur breiten Bevölkerungsschichten, sondern gefährden auch Arbeitsplätze, wenn Unternehmen aufgrund von Infrastrukturmängeln abwandern. Öffentliche Investitionen führen zu höheren privaten Investitionen und sichern Arbeitsplätze – ein Investitionsdefizit hingegen bedroht den Wohlstand der Beschäftigten.
Zugleich stehen entscheidende Investitionen in die sozial-ökologische Transformation an: Ob beispielsweise der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Aufbau einer nationalen Wasserstoffinfrastruktur oder auch die Notwendigkeit eines Transformationsstrompreises. All das verlangt massive staatliche Aufwendungen. „Wir reden allein für Niedersachsen von 50 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren – für Sachsen-Anhalt sind es circa 10 Milliarden Euro“, führt IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger aus. Wenn jedoch jene Weichenstellungen verschlafen werden, gefährdet das nicht nur Betriebe und Arbeitsplätze, sondern stellt auch den Sozialstaat vor große Herausforderungen. Bereits im Jahr 2019 hat sich eine gemeinsame Studie vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für ein massives, milliardenschweres Investitionsprogramm stark gemacht und für eine Modifizierung der Schuldenbremse plädiert.
„Es scheint weiter fraglich, wie die Ampel-Regierung die wichtigen Zukunftsinvestitionen für ein gutes Morgen tätigen will – dadurch geraten Industrie und vor allem Arbeitsplätze unter Druck. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts schränkt die Regierung massiv ein, wichtige Perspektivprojekte scheinen fraglich. Wenn die Ampel, allen voran die FDP, mit den Füßen auf dem Bremspedal steht, was eine Reform der Schuldenbremse oder eine Erhöhung der Steuern für Top-Verdiener angeht, bleibt weiter offen, woher die Regierung das Geld für künftige Vorhaben nehmen will. Die regelmäßige Tonalität einzelner gegenüber den Ärmsten der Gesellschaft wird jedenfalls rauer. Einer Umverteilung von unten nach oben werden wir entschieden entgegentreten. Eine Investitionsoffensive kann nicht durch Bürgergeld-Bashing gestartet werden. Auf Haushalte zu kloppen, die meist gerade so ihre Existenz sichern, führt jedenfalls nicht dazu, dass notwendige Milliarden für Investitionsnotwendigkeiten generiert werden. Alle sind gut beraten, wenn in unserem Land endlich Fragen der Verteilung und der Gerechtigkeit in den Vordergrund gestellt werden. Dabei gilt es vor allem, die Durchschnittsverdienenden besser zu stellen!“, so Gröger weiter.
In der Spitze der Gesellschaft sollte eine verstärkte Besteuerung der Reichen und Superreichen zur Finanzierung des Gemeinwohls erfolgen. In den letzten Jahrzehnten wurden die Reichen durch Steuerentlastungen begünstigt, besonders durch die Erbschaftsteuerreform von 2016. Angesichts aktueller Krisen müssen jedoch die „starken Schultern“ einen größeren Beitrag leisten, vor allem durch eine deutliche Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung einer progressiven Vermögenssteuer und das Schließen von Schlupflöchern in der Erbschaftssteuer. Dabei sollen hohe Steuerfreibeträge für Vermögen und Erbschaften beibehalten werden, um nicht die Steuerlast der Mittelschicht zu erhöhen. Ziel muss es sein, dass die Reichen und Reichsten mehr zum Gemeinwohl beitragen. Solche Maßnahmen tragen zur Legitimität unserer Demokratie bei, indem sie die Lasten der Krisen fairer verteilen und das Vertrauen in unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung stärken. „Das zunehmende Gefälle zwischen den Lebensrealitäten von Armen und Reichen belastet unsere Gesellschaft erheblich und stellt eine schwere Hypothek für unser demokratisches System dar. Die wachsende Ungleichheit stärkt den rechten Rand!“, erklärt der Metaller abschließend.