30.09.2024 | Bundesweit folgten im Frühjahr 2023 rund 23.000 Beschäftigte dem Aufruf der IG Metall im Kfz-Handwerk zu Warnstreiks, was die Arbeitgeberseite in den Verhandlungen zum Einlenken bewegte. Markus Wente, IG Metall-Verhandlungsführer der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt im Kfz-Handwerk, sagt dazu im Rückblick: „Der Tarifabschluss war wirklich stark und hat die Beschäftigten in der Kfz-Branche quasi auf die Überholspur versetzt. Der Inflation und den steigenden Lebenshaltungskosten konnten wir so entgegenwirken.“
Zum 1. November 2023 trat eine Entgeltsteigerung von 5,0 Prozent bzw. von 85 Euro für Azubis in Kraft. Zum 1. Oktober 2024 folgt nun ein weiteres Plus von 3,6 Prozent und 65 Euro mehr für Azubis. Dazu kamen Inflationsausgleichsprämien von 1500 Euro (Azubis: 750 Euro) bis Juli 2023 und 1000 Euro (Azubis: 500 Euro) im ersten Quartal 2024. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. März 2025.
Das durchschnittliche Alter von Pkws in Deutschland ist historisch hoch, die Gründe dafür mannigfaltig. Große Profiteure dieser Entwicklung sind die Kfz-Werkstätten, denen die Aufträge nicht ausgehen – ganz im Gegenteil: Die Hebebühnen werden in Höchstfrequenz abgefordert und damit verbunden wird natürlich auch den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb vieles abverlangt: Mehrarbeit und Arbeitsverdichtung sind an der Tagesordnung. Die Entgelterhöhungen sind somit Teilhabe am geschäftlichen Erfolg der Betriebe und notwendiges Zeichen der Wertschätzung.
Gleichzeitig steigert das Kfz-Handwerk durch gute Tarifabschlüsse auch seine Attraktivität gegenüber jüngeren Menschen, potenziellen Auszubildenden und kommenden Fachkräften. „Das Handwerk hat weiter eine starke Zukunft! Das zeigen nicht zuletzt die aktuellen Ausbildungszahlen, die in diesem Jahr neue Rekordwerte erreichten. Gute Tarifpolitik positioniert die Kfz-Branche im Vergleich anderer Handwerke auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere bei jungen Menschen mit zukunftsfesten Arbeitsbedingungen im harten Wettbewerb. Als IG Metall werden wir auch weiterhin für Verbesserungen der Arbeitszeiten, Entgelte und Rahmenbedingungen kämpfen!“, so Wente.
Sinnbild für gute Arbeitsbedingungen ist auch das Gütesiegel „Autohaus-Fair“, welches die IG Metall für Autohäuser mit Tarifbindung, Mitbestimmung durch einen Betriebsrat und eigene Ausbildung im Haus vergibt. Markus Wente: „Das Siegel Autohaus-Fair ist ein Garant für gute und faire Arbeitsbedingungen in der Branche. Leider ist die Durchdringung der Tarifbindung im Kfz-Handwerk nicht auf vergleichbaren Stand, als in anderen Handwerksbereichen. Eine jahrzehntelange Tarifflucht der Arbeitgeber hat zu einem Flickenteppich der Arbeitsbedingungen geführt. Mit dem Siegel Autohaus-Fair kann jeder Kunde kann selbst entscheiden, ob er in ein faires Autohaus fährt und damit gute Arbeitsbedingungen unterstützt!“
Weiterhin zentrales Anliegen ist es, den Generationenwechsel in den Werkstätten und Autohäusern in den nächsten Jahren zu meistern. Zugleich sind in vielen Lebensbereichen die Preise weiter davongelaufen und die Inflationsausgleichsprämie wirkte zwar als gutes tarifpolitisches Instrument, um die kurzfristige Härte abzufedern, „allerdings wirkt diese eben nun nicht nachhaltig. Dennoch ist das Preisniveau auf Dauer erhöht, selbst wenn die Inflation sich auf normalem Niveau wieder eingependelt hat. Unsere Kolleginnen und Kollegen merken noch immer den Preisschock der letzten Jahre. Ergo: Braucht es auch dauerhafte Entgeltsteigerungen“, so der Metaller. Dieser verweist auch auf die weiter schleppende Konjunktur. Einheitlicher Tenor der Wirtschaftsinstitute ist jedoch, dass der private Konsum als Stütze der Wirtschaft wieder an Fahrt aufnehmen muss. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Mehr Kaufkraft für die Beschäftigten, führt zu mehr Binnennachfrage, führt zu einer verbesserten Lage der Gesamtwirtschaft. Also eine Win-Win-Win-Situation.
Bereits in wenigen Wochen beginnen die Diskussionen zur nächsten Tarifrunde, die im Frühjahr 2025 in den Startlöchern steht. Beteiligungsorientiert startet die IG Metall damit in das nächste Tariffrühjahr. Eine erste Verhandlung wird voraussichtlich im März 2025 stattfinden.