17.12.2020 | Osnabrück - Die erste Verhandlung in der Metall- und Elektroindustrie-Tarifrunde für die rund 17.000 Beschäftigten im Tarifgebiet Osnabrück-Emsland Grafschaft Bentheim ist heute nach knapp zwei Stunden ohne Annäherung zu Ende gegangen.
Carsten Maaß, Verhandlungsführer der IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen-Sachsen-Anhalt: „Wir brauchen in der aktuellen Situation intelligente Maßnahmen zur Sicherung von Beschäftigung, Ausbildung und Einkommen. Diese Themen haben für uns höchste Priorität.“
Maaß untermauert die Forderung mit der jüngst abgeschlossenen Beschäftigtenbefragung, an der bundesweit rund 250.000 Beschäftigte teilnahmen. „Die Themen Beschäftigungssicherung durch Absenkung der Arbeitszeit, Zukunftsvereinbarungen und Entgelterhöhung sind dabei die Themen, wo die Beschäftigten aktuell den höchsten Handlungsbedarf sehen.“
Rückenwind und Bestätigung für ihr Zukunftspaket erfährt die Gewerkschaft auch durch die aktuellen wirtschaftlichen Argumente der großen Institute. Die größte Bremse ist aktuell der fehlende private Konsum, da sind sich alle Experten einig. Die Prognosen gehen bereits für das Frühjahr 2021 von einer weiteren, deutlichen Erholung der Metall- und Elektroindustrie aus. Maaß: „Um diese Entwicklung zu untermauern, brauchen wir eine Entgeltsteigerung, nur so können wir die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen nachhaltig fördern. Schließlich liegt die letzte monatliche Entgelterhöhung mehr als zwei Jahre zurück. Die Beschäftigten zeigen sich in der Krise höchst flexibel. Viele hatten durch Kurzarbeit oder abgesagte Schichten hohe Einkommenseinbußen. Damit die Konjunktur nun weiter an Fahrt aufnehmen kann, brauchen die Beschäftigten das Geld.“
„Es ist nicht die Zeit für ideologische Schlachten der Vergangenheit – wir wollen Beschäftigung sichern, Zukunft gestalten und Einkommen stärken“, so Osnabrücks IG Metall Chef Stephan Soldanski. „Die aktuellen Tarifrunden finden in einer komplexen wirtschaftlichen Situation statt. Verzicht oder sogar Einschnitte in tarifliche Leistungen sind nie die richtigen Mittel, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen.“
„Und gerade weil wir uns der angespannten Lage in vielen Betrieben bewusst sind, fordern wir keine exorbitanten Lohnerhöhungen, sondern ein Paket, das Beschäftigungssicherung, Zukunftsgestaltung und die Stabilisierung der Einkommen gleichermaßen ermöglicht. In Betrieben, in denen es gut läuft, können die 4 Prozent für höhere Löhne und Gehälter eingesetzt werden, wo es schlecht läuft beispielsweise für einen Teilentgeltausgleich bei der vorübergehenden Absenkung der Arbeitszeit“ erläutert Soldanski die Forderung.
„Uns ist klar, die Auseinandersetzung wird hart! Die Arbeitgeber haben sich bereits mit ihren Äußerungen im Vorfeld hinter eine ‚Mit-uns-gibt’s-nix-Haltung‘ zurückgezogen und tief eingebuddelt“, bewertet Soldanski die aktuelle Verhandlungssituation. „Das ist albern und nicht zukunftsgerichtet. Wir brauchen jetzt tragfähige Konzepte und Rahmenbedingungen wie wir Zukunft gestalten wollen anstatt Rituale aus der Mottenkiste herauszuholen! Vielleicht tut den Arbeitgebern auch die Weihnachtspause gut, um ihren aktuellen Verhandlungskurs zu korrigieren.“
Soldanski formuliert dabei klare Vorstellungen für die weiteren Verhandlungen am 28. Januar 2021: “Ich erwarte dann von den Arbeitgebern ein konstruktives Verhalten und ein erstes echtes verhandlungsfähiges Angebot. Denn gerade in Krisenzeiten erwarten die Beschäftigten doch zurecht, dass die Sozialpartner Lösungen finden, die ihnen Sicherheit und Perspektive geben und keine weiteren Ängste durch mögliche Einschnitte und Rückschritte schüren!“
Zum Hintergrund: Zuletzt sind im April 2018 die Entgelte und Ausbildungsvergütungen tabellenwirksam um 4,3 Prozent gestiegen.
Der aktuelle Entgelt-Tarifvertrag läuft zum Jahresende aus, der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung einen Monat später.
Die Friedenspflicht endet am 1. März 2021 um Mitternacht; danach sind Warnstreiks möglich.