08.07.2021 | Bis zu 40 Stunden in der Woche, Drei-Schicht-Betrieb, Produktion rund um die Uhr: Die Maschinen bei der EGGER Kunststoffe GmbH & Co. KG in Gifhorn laufen 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Und der Standort wächst ständig. Mittlerweile sind über 400 Beschäftigte bei EGGER in Gifhorn im Einsatz und produzieren Schichtstoffe unter anderem für die Holzindustrie. In diesem Bereich ist EGGER in Gifhorn einer der Marktführer. Nicht aber bei den Arbeitsbedingungen. Denn: EGGER ist bislang nicht tarifgebunden.
Der Standort in Gifhorn gehört zum EGGER Konzern. Mit seinen knapp über 10.000 Mitarbeitern weltweit, erwirtschaftete man die letzten Jahre über 2,8 Milliarden Euro Umsatz. In Deutschland betreibt EGGER inzwischen 6 Standorte.
Eine hochqualifizierte und motivierte Mannschaft sorgt dafür, dass die über 500 Kunden stets zufrieden sind. Die Beschäftigten jedoch sind mit ihren Arbeitsbedingungen weniger einverstanden.
„40 Stunden die Woche, ein undurchsichtiges Eingruppierungssystem und viele freiwillige Zulagen, die zu unsicheren Einkommen und Nasenprämien führen, prägen die Beschäftigung bei EGGER in Gifhorn. Zudem sind die Gehälter nicht up-to-date“, so Markus Wente von der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Das führt zu massiver Unzufriedenheit und zur Bewegung der Beschäftigten, die sich zum Großteil in der IG Metall organisiert haben. Sie fordern zu Recht die Einführung eines Tarifvertrages auf Basis der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie in Niedersachsen“, so Wente weiter.
EGGER hat sich selbst als Leitbild gesetzt, der „beste Arbeitgeber im jeweils relevanten Arbeitsmarkt“ zu sein. Relevant und in diesem Bereich üblich ist der Branchen-Flächentarifvertrag. Hiervon ist man in Gifhorn jedoch in einigen Punkten noch weit entfernt.
„Beschäftigte in anderen Betrieben des Wettbewerbs arbeiten nur 35 statt 40 Stunden die Woche. Hinzu kommen Gehälter im Verwaltungsbereich, die zum Teil bis zu 1000 Euro unter dem Tarifniveau liegen. Das bringt die Beschäftigten zu Recht dazu, ihre zukünftigen Arbeitsbedingungen entscheidend mitgestalten zu wollen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger“, sagt Wente.
„Wer noch nie im Dreischicht-Betrieb gearbeitet hat, kann es nur schwer nachvollziehen, aber die Arbeit geht auf die Knochen“, sagt Mehmet Yaman, zuständiger Betriebsbetreuer der IG Metall Wolfsburg vor Ort. Er kennt die Arbeitsbedingungen im Werk. Insbesondere das undurchsichtige Eingruppierungssystem und die unsicheren Zulagen, die jederzeit widerrufen werden können führen zu Widerstand. „Gemeinsam konnten Betriebsrat und IG Metall in den vergangenen Jahren bereits viele Verbesserungen in den täglichen Arbeitsbedingungen durchsetzen. Wir haben zum Beispiel ein völlig neues Schichtsystem eingeführt, was bereits zu Entlastung bei den Beschäftigten geführt hat. Jetzt geht die Mannschaft geschlossen den nächsten Schritt. Es wurde eine IG Metall-Tarifkommission gewählt und diese hat einen Beschluss gefasst: Sicherheit und Perspektive durch einen IG Metall Tarifvertrag“, so Yaman weiter.
Die Firma EGGER hat sich selbst als Leitbild gesetzt, der beste Arbeitgeber am Markt zu sein und die Sitten und Gebräuche der Länder und Regionen zu respektieren, in dem sie produzieren. Dazu gehört in Deutschland auch der Branchentarifvertrag. Denn: In Österreich, dem Heimatland des EGGER Konzerns, ist man seit jeher tarifgebunden.
„Es ist unverständlich, dass man im Heimatland Österreich sehr wohl Tarifverträge anwendet und die Beschäftigten in Deutschland bislang von diesen Vorteilen ausschließt. Bereits 2019 hatte es deshalb durchaus fruchtbare Gespräche zwischen der IG Metall und EGGER gegeben. Corona hat dann alle Pläne über den Haufen geworfen. Verständlich, aber jetzt ist es an der Zeit, genau dort wieder anzusetzen. Wir sind davon überzeugt, ein gemeinsames Ergebnis zustande zu bringen, wovon am Ende alle Seiten profitieren können“, sagt Wente abschließend.
Bislang weigert sich EGGER, Verhandlungen mit der IG Metall aufzunehmen. Deswegen wird es in den kommenden Wochen verstärkt zu Aktionen der Beschäftigten kommen.