VW macht falsche Ansage

Es besteht keine Abmeldepflicht bei Warnstreik! VW behauptet aber leider weiter das Gegenteil ...

28.11.2024 | Unternehmen will mit Info-Text offenbar einschüchtern und verunsichern - frisches Urteil bestätigt Ansage der IG Metall

Warnstreik mit klaren Ansagen (Archiv-Foto von 2018): Für Aktionen wie diese muss man sich vorher nicht abmelden, auch wenn VW Gegenteiliges behauptet.

Wolfsburg - Kurz vor Ende der nahenden Friedenspflicht bei Volkswagen sorgt ein Info-Schreiben der Arbeitgeberseite für mächtig Ärger bei IG Metall und Vertrauensleuten. In einem "Fragen und Antworten"-Format im VW-Intranet lässt die Unternehmensseite Beschäftigte und Führungskräfte wissen: Wer sich bei einem Warnstreik nicht sichtbar mit der IG Metall-Fahne vom Arbeitsplatz entfernt, so dass die Teilnahme am Arbeitskampf offensichtlich ist, müsste sich bei der Führungskraft dafür angeblich abmelden. Das aber ist Quatsch!

Denn das Gegenteil ist richtig. Eine Abmeldung zum Warnstreik muss nicht erfolgen. Egal ob an der Montagelinie, im Büro oder daheim im Homeoffice, egal ob mit Fahne und Trillerpfeife oder gänzlich ohne: Wer am Warnstreik teilnimmt, nimmt halt einfach teil und erbringt seine Arbeitsleistung nicht. Und das muss man vorher auch nicht ankündigen. Es besteht überhaupt keine Pflicht zum Abmelden oder zur Ankündigung des Vorhabens. Wer mitmachen will, macht das einfach - das ist ja das Wesen eines (Warn-)Streiks. 

Wenn eine Führungskraft allerdings im Nachhinein jemanden fragt, ob er oder sie dabei gewesen ist, muss man auch wahrheitsgemäß antworten. Aber das ist ja auch klar. Sonst würde man ja lügen.

Völliger Kokolores allerdings ist das hier, was die VW-Arbeitgeberseite im Intranet behauptet. VW schreibt in einem bereits am Montag (25.11.) erschienenen Intranet-Artikel unter der Überschrift “Hinweise zum Verhalten bei Streik”:

VW behauptet:
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Müssen sich Beschäftigte an- und abmelden, wenn sie an einem Streik teilnehmen? 

Eine Abmeldung ist nur erforderlich, wenn die Führungskraft nicht wahrnehmen kann, dass Beschäftigte ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen, um am Streik teilzunehmen.

Beispiel | Keine Abmeldung erforderlich: Beschäftigte verlassen mit einer Gewerkschaftsflagge ihren Arbeitsplatz im Werk.

Beispiel | Abmeldung erforderlich: Beschäftigte in Mobiler Arbeit, Kurzarbeit oder anderer eingetragener bezahlter Abwesenheit bzw. Freistellungen nehmen an einem Streik teil.
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Das ist aber einfach falsch!

Richtig ist dagegen, was die IG Metall oder zum Beispiel auch der DGB an vielen Stellen wie etwa auch hier bei uns auf der Seite (siehe dort Seite 3 von 5) erklärt:

Die IG Metall sagt:
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Muss ich mich bei meiner/m Vorgesetzten abmelden oder die Teilnahme am Warn streik im Vorfeld mitteilen? Auch im Homeoffice und mobilem Arbeiten?

Nein, bei einer Teilnahme am Warnstreik besteht keine Pflicht sich abzumelden, dies im Vorfeld mitzuteilen oder sich in eine Liste einzutragen. Auch brauchen Beschäftigte für ihre Teilnahme an einem Warnstreik keine Genehmigung ihres Vorgesetzten. Wer am Warnstreik teilnehmen möchte, kann das einfach machen. Das gilt auch im Homeoffice in mobiler Arbeit. Auf spätere Nachfragen ist wahrheitsgemäß zu antworten.

Abmelden oder nicht?

Grundsätzlich gilt, dass man sich für einen Streik nicht abmelden muss. Bei einer Teilnahme am Streik sind die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis „suspendiert“.
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Und das ist einfach richtig!

Auch ein junges Gerichtsurteil vom Landesarbeitsgericht in Meck-Pomm (Aktenzeichen 2 Sa 123/23 verkündet am 25.06.2024) bestätigt:

“Bei einer Streikteilnahme besteht (...) keinerlei Abmeldepflicht.”

So hält das Urteil auch fest, dass zwar seitens der Beschäftigten eine Auskunftspflicht  gegenüber dem Arbeitgeber besteht - zum Beispiel, damit der Arbeitszeit und Vergütungspflicht bemessen kann. Allerdings:

“Es ist jedoch nicht notwendig, diese Informationen bereits vor Streikteilnahme zu erteilen.” 

Lediglich auf eine kleine Ausnahme, auf einen kleinen Sonderfall weist das Landesarbeitsgericht hin:

So bedürfe es einer besonderen Klarstellung durch Beschäftigte, dass er oder sie an einem Streik teilnimmt, nämlich nur für folgende Konstellation: Falls der Betroffene vor Streikbeginn aus anderen Gründen von der Arbeit befreit war (etwa einen bereits bewilligten Urlaub angetreten hatte), dann müsste sich derjenige melden. Falls man also schon vor Streikbeginn aus anderen Gründen von der Arbeit bezahlt freigestellt wurde, dann sollte man sicherheitshalber seine Streikteilnahme mitteilen. Würde man das nämlich nicht tun, würde man sich dem Vorwurf des „Arbeitszeitbetrugs“ aussetzen.

Aber wie gesagt: Das ist ein Sonderfall. 

Bleibt nur die Frage, wann VW endlich mal die irreführende, verunsichernde und im Zweifel auch einschüchternde Falschangabe aus dem Firmen-Intranet entfernt. Am Donnerstag, 28.11., stand die Falschaussage immer noch online - dann schon rund drei Tage lang. 

Idealerweise handelt VW übrigens so, wie es sich für Korrekturen an derart bedeutender Stelle gehört: nämlich mit der Klarstellung, dass sich vor der Änderung tagelang die gegenteilige Behauptung auf der Seite befunden hatte und dass man diesen Fehler bedauert. 

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