Automobil- und Zuliefererkonferenz der IG Metall

Strukturwandel in der Automobilindustrie braucht finanzielle Instrumente und Beratungskompetenz

26.02.2020 | Hannover - In der Autoindustrie stehen große Veränderungen an. Um drohende Jobverluste beim Umbruch zu neuen Antrieben und Software in Grenzen zu halten, verlangt die IG Metall nach Strategien, Konzepten und konkreten Hilfen.

Thorsten Gröger eröffnet die Automobil- und Zuliefererkonferenz

Gunnar Kilian, Personalvorstand Volkswagen

Dr. Martin Schwarz-Kocher vom IMU Institut

Dr. Jens Clausen vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit im Gespräch mit Gunnar Kilian

Birgit Ertel von SEG Automotive

Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen- und Sachsen-Anhalt

Umfragen ergeben, dass in mehr als der Hälfte der Unternehmen zu wenig Strategien für den Umgang mit E-Mobilität und Digitalisierung existieren. Betriebe ohne Zukunftskonzept brauchen aber tragfähige Herangehensweisen für die Zeit nach dem Verbrenner.

Es müsse „strukturelle“ Unterstützung für diese Unternehmen geben, die sich im Umbau befinden oder diesen jetzt angehen wollen: „Wir brauchen Beratungskompetenz und Instrumente zur Investition, die den Betrieben für längere Zeiträume zur Verfügung stehen,“ machte Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in Hannover deutlich. Dort hatte die Gewerkschaft am Dienstag rund 100 Betriebsräte, Vertrauensleute und Experten aus dem Bezirk versammelt, um über die Digitalisierung und Transformation in der Schlüsselbranche zu beraten.

Deutlich wurde auf der Automobil- und Zuliefererkonferenz, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen, deren Geschäft stark auf Bauteile für Verbrennungsmotoren ausgerichtet ist, Zugriff auf nötige Kredite für Investitionen benötigen: „Wir benötigen greifbare Finanzierungsmodelle, um die Betriebe auf ihrem Weg zu begleiten.“

Gröger zeigte sich aber skeptisch, dass sich dies rein privatwirtschaftlich regeln lässt. „Das kann nur staatlicherseits organisiert werden.“ Eine solche Unterstützung unter der Beteiligung von Bund und Ländern, der Privatwirtschaft, Wissenschaft und den Gewerkschaften hatte die IG Metall bereits auf ihrem Gewerkschaftstag gefordert. Dort hieß es, dass „Agenturen für Transformation“ eingerichtet werden sollen, um technologische Veränderungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, im Interesse der Beschäftigten zu unterstützen.

Eine solche Transformationsagentur soll Akteure in den Betrieben wissenschaftlich beraten und betriebliche Beispiele für „Gute Arbeit“ begleiten. Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Gestaltung von Arbeit sollen durch eine Finanzierung von geeigneten Forschungsprojekten nutzbar gemacht werden, auch im Bereich des Antriebsstranges der Automobilwirtschaft mit seinen Zulieferern. Die IG Metall werde diese Thematik auch in den Strategiedialog der Automobilwirtschaft in Niedersachsen einbringen - ein runder Tisch, der vom Land Niedersachsen, NiedersachsenMetall und der IG Metall initiiert wurde .

Gleichzeitig seien aber auch die Unternehmen gefordert: Neben Volkswagen gebe es inzwischen im Bezirk einige Betriebe, in denen die Betriebsräte Initiativen für neue oder andere Produkte und Verfahrensweisen für ihre Herstellung ergriffen hätten. Gröger forderte die Unternehmen auf, nicht in alten Bahnen zu verharren, sondern mit den Vertretern der Beschäftigten an Ideen für die Zukunft zu arbeiten.

Hintergrund: In Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ist die Automobilindustrie mit Konzernen wie VW, ZF oder Continental eine Kernbranche von der viele Zulieferer abhängig sind. Direkt am Automobilbau hängen in beiden Bundesländern rund 180 000 Jobs, davon etliche Betriebe mit Zulieferteilen für den klassischen Antriebsstrang.
Damit ist der IG Metall Bezirk Niedersachsen- und Sachsen-Anhalt bundesweit am stärksten abhängig von den Entwicklungen in dieser Branche. Die IG Metall hat frühzeitig auf die großen Herausforderungen für die Beschäftigungssicherung, insbesondere durch den Umstieg in Richtung Elektromobilität, hingewiesen und an Politik und Unternehmen entsprechende Forderungen gestellt. Der Leitgedanke dabei war und bleibt: aus dem technologischen Fortschritt muss auch sozialer Fortschritt werden.  

 

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