06.05.2025 | In der dritten Verhandlungsrunde für das niedersächsische Kfz-Handwerk ist der IG Metall nach einem 15-stündigen Verhandlungsmarathon ein bedeutender Tarifabschluss gelungen. Nach wochenlanger Hängepartie, zähen Gesprächen, zwei Verhandlungsrunden ohne Ergebnis und einem entschlossenen Auftritt zehntausender Beschäftigter im Warnstreik wurde nun ein Abschluss erzielt, der den besonderen Belastungen im Werkstattalltag Rechnung trägt – und zugleich den Weg in eine sozial gerechte Transformation der Branche ebnet. Die Tarifkommission der IG Metall hat dem Verhandlungsergebnis mit überwältigender Mehrheit zugestimmt.
Starkes Zeichen in bewegten Zeiten: Warum dieser Abschluss notwendig und richtig ist
Das Kfz-Handwerk befindet sich in einer Phase doppelter Beanspruchung. Einerseits stemmen die Werkstätten eine konstant hohe Auslastung. Der Gebrauchtwagenmarkt boomt, das Durchschnittsalter der Fahrzeuge steigt, der Reparaturbedarf wächst. Gleichzeitig fehlt es an Fachpersonal, Termine sind knapp, und die Beschäftigten arbeiten vielerorts am Anschlag.
Andererseits wirkt die Transformation der Mobilität in die Betriebe hinein. Hersteller fokussieren sich auf Elektromobilität, digitalisierte Fahrzeugsysteme und neue Vertriebskanäle – doch die strukturellen Folgen landen auf dem Rücken der Beschäftigten: weniger planbare Arbeitsabläufe, steigende Komplexität in der Fehlerdiagnose, erhöhter Zeitdruck im Service. Die Kolleginnen und Kollegen stemmen diese Herausforderungen täglich – mit Know-how, handwerklicher Präzision und großem Verantwortungsbewusstsein.
„Der wirtschaftliche Erfolg der Branche basiert auf der Leistung der Beschäftigten in den Werkstätten und Autohäusern. Sie sorgen mit ihrer Arbeit dafür, dass Mobilität funktioniert – oft unter Hochdruck und mit viel Fachwissen“, sagt Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall Niedersachsen. „Diese Arbeit verdient Anerkennung, und sie braucht Entlastung. Mit diesem Abschluss holen wir beides zurück in die Betriebe.“
Die konkreten Ergebnisse im Überblick:
Druck aus den Betrieben war entscheidend – Verhandlungen auf Augenhöhe erkämpft
Dass dieser Abschluss überhaupt möglich wurde, ist vor allem der Geschlossenheit und Entschlossenheit der Kolleginnen und Kollegen zu verdanken. Zwei Verhandlungsrunden hatte die Arbeitgeberseite keine substanziellen Angebote vorgelegt. Erst die Warnstreiks – getragen von zehntausenden Beschäftigten bundesweit, davon viele in Niedersachsen – machten deutlich: Die Beschäftigten lassen sich nicht länger mit warmen Worten abspeisen. „In der Werkstattkultur zählt Klartext – und genau den haben wir gesprochen“, so der Metaller weiter.
Ein Abschluss mit Perspektive – tariflich verankert, politisch relevant
Dieser Tarifabschluss geht über das reine Verhandlungsergebnis hinaus. Er markiert eine Zeitenwende für das Kfz-Handwerk: Er verbindet materielle Verbesserung mit struktureller Aufwertung. Er schafft Spielräume für individuelle Lebensgestaltung. Und er sichert jungen Menschen mit überproportional steigenden Ausbildungsvergütungen einen besseren Einstieg in die Branche.
Gleichzeitig ist der Abschluss ein Beitrag zur Fachkräftesicherung: Gute Arbeit zieht gute Leute an. Wer junge Talente gewinnen will, muss mehr bieten als Mindestlohn, Wochenendarbeit und starre Arbeitszeiten. Mit diesem Abschluss senden die Tarifpartner ein klares Signal: Gute Ausbildung, gute Bezahlung, gute Arbeitszeiten – das ist und bleibt der Standard im Kfz-Handwerk.
In Niedersachsen arbeiten etwa 50.000 Menschen in rund 4.500 Kfz-Betrieben. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31.05.2027.