Mehr Europa wagen

Kluge, aber dringliche Rezepte gegen Protektionismus und Nationalismus gefragt

08.05.2025 | Anlässlich des Europatages am 9. Mai mahnt die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt mit Nachdruck zu einer entschlossenen Stärkung des europäischen Zusammenhalts. Die Herausforderungen der Gegenwart sind global – doch vielerorts gewinnen nationalstaatliche Abschottung, Protektionismus und wirtschaftlicher Egoismus an Boden. Diese Entwicklungen bedrohen nicht nur die wirtschaftliche Stabilität, sondern untergraben auch zentrale Errungenschaften der Europäischen Union. Die Lösung kann nur mehr Europa sein: Eine widerstandsfähige Wirtschaft, eine koordinierte Handelspolitik und starke Arbeiterrechte sind der Schlüssel zur Sicherung von Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit in einer zunehmend unsicheren Welt.

Foto: envato

Die Europäische Union ist weit mehr als eine wirtschaftliche Zweckgemeinschaft. Sie basiert auf den Prinzipien von Solidarität, sozialer Gerechtigkeit und fairen wirtschaftlichen Bedingungen. Doch diese Werte sind in Gefahr: Während einige versuchen, den Binnenmarkt durch protektionistische Maßnahmen auszuhöhlen, setzen andere auf eine Schwächung europäischer Institutionen zugunsten nationalistischer Alleingänge. „Dieser Kurs führt in die Sackgasse. Kein Mitgliedstaat kann den Herausforderungen der Globalisierung, der Klimakrise oder der digitalen Transformation allein begegnen. Der Binnenmarkt zählt zu den stärksten wirtschaftlichen Fundamenten Europas und muss entschlossen verteidigt und weiterentwickelt werden. Die Antwort auf 'America Alone' muss jetzt lauten: 'Europe United!'“, erklärt IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger.

Die wirtschaftlichen Herausforderungen sind gewaltig: Der Übergang zu klimaneutralen Industrien, die Digitalisierung und zunehmende Handelskonflikte erfordern eine strategische, langfristige Perspektive. Stattdessen gewinnt wirtschaftliche Abschottung an Bedeutung – ein Trend, der Europa schwächt und spaltet. Ein starkes Europa setzt auf eine koordinierte Industriepolitik, die Wertschöpfung innerhalb der Union sichert und fairen Wettbewerb ermöglicht. Nachhaltige Investitionen und eine faire Besteuerung global agierender Konzerne sind notwendig, um wirtschaftliche Souveränität zu stärken, ohne in protektionistische Reflexe zu verfallen.

Europa müsse künftig sicherstellen, so Gröger, dass man in wichtigen Zukunftsfeldern wieder Marktführerschaft erlange: „Milliarden werden für die europäische Aufrüstung bereitgestellt. Zugleich wäre es eine Katastrophe einseitig darauf zu setzen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Europa weiter in Feldern der zivilen Industrie führend bleibt oder endlich wird. Konkret geht es dabei um Technologien der Halbleiter oder Batteriesysteme. Wir müssen auch dafür Sorge tragen, dass unsere Grundstoffindustrien hier in Europa erhalten bleiben. Ein Desaster wie mit der Solarbranche können wir uns nicht erlauben!“

Daher plädiert die IG Metall auch für eine Local Content-Stratagie: Wer Europa als Markt sieht, der muss auch anteilig für Beschäftigung in Europa verantwortlich sein. Wenn zum Beispiel chinesische oder US-amerikanische Pkw-Hersteller in Europa ihre Pkw verkaufen wollen, dann ist die Verpflichtung zu europäischen Fertigungen mit europäischen Komponenten notwendig. So verringern wir Abhängigkeiten und stärken Resilienz, Klimaschutz und vor allem Beschäftigung

Ein funktionierender Binnenmarkt kann ferner auch nur dann bestehen, wenn Unternehmen nicht durch Steuervermeidung und Dumpingstrategien Vorteile auf Kosten des fairen Wettbewerbs erhalten. Die Bekämpfung von Steuerflucht und unlauteren Handelspraktiken muss konsequent vorangetrieben werden. Europa hat das Potenzial, als wirtschaftliche und technologische Vorreiterin zu agieren – dieses Potenzial darf nicht durch nationale Einzelinteressen geschwächt werden.

Eine zersplitterte Wirtschaftspolitik innerhalb der Europäischen Union ist ein Rezept für Schwäche im globalen Wettbewerb. Nationale Alleingänge in Handelsfragen gefährden die europäische Stellung als starke Wirtschaftsregion. Nur eine geschlossene Handelspolitik kann die notwendigen Rohstoffe sichern, europäische Standards schützen und Arbeitsrechte in globalen Lieferketten durchsetzen.

Die soziale Gerechtigkeit muss das Fundament europäischer Wirtschaftspolitik werden. Lohndumping, prekäre Arbeitsverhältnisse und fehlende Tarifbindung untergraben den Binnenmarkt und gefährden den sozialen Zusammenhalt. Um die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ganz Europa zu schützen, brauchen wir einheitliche Mindeststandards für Tarifbindung, Sozialschutz und Arbeitszeiten. Gewerkschaftliche Mitbestimmung und das Streikrecht müssen EU-weit gelten. Eine starke Sozialpolitik sorgt dafür, dass faire Arbeitsbedingungen für alle Realität werden.

„Ein zersplittertes Europa verliert an Einfluss – ein geeintes Europa hingegen sichert wirtschaftliche Stabilität, schafft mehr soziale Gerechtigkeit und sorgt für nachhaltiges Wachstum. Nationale Alleingänge schwächen die europäische Wirtschaft und bringen uns nicht weiter“, führt der Metaller aus. 

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