23.04.2025 | Am Montag, den 14. April 2025, fand bei der Sonoco Metal Packaging Germany GmbH (zuvor: Eviosys) nebst der Betriebsversammlung eine hochkarätige Podiumsdiskussion statt, bei der die ökonomischen und strukturellen Herausforderungen der Feinstblechpackungsindustrie im Mittelpunkt standen.
Die Diskussion umfasste die wirtschaftliche Bedeutung der Branche, die Säulen der Tarifpolitik sowie die Auswirkungen steigender Energiepreise und des Fachkräftemangels. Vertreter aus Politik, Gewerkschaften und der Industrie erörterten praxisorientierte Lösungen und formulierten klare Erwartungen. Zu den Gästen gehörten:
- Olaf Lies, Niedersächsischer Wirtschaftsminister
- Nadine Boguslawski, Vorstandsmitglied und Hauptkassiererin der IG Metall
- Hans-Jürgen Giesen, Vorsitzender der Tarifgemeinschaft FPI Nord e.V.
Ferner waren weitere Tarifkommissionsmitglieder der IG Metall für die Feinstblechpackungsindustrie sowie Vertreter von Trivium Packaging vor Ort in Seesen.
Die Feinstblechpackungsindustrie (FPI) hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Während sie lange als unauffällig galt, wurde ihre Rolle besonders während der Corona-Pandemie deutlich sichtbar. Die FPI produziert nicht nur Verpackungen für Lebensmittel und Getränke, sondern auch für viele andere Güter in verschiedenen Sektoren – von pharmazeutischen Produkten bis hin zu technischen Verpackungen. Die Pandemie zeigte, wie wichtig eine zuverlässige Versorgung mit sicheren Verpackungen für die Aufrechterhaltung von Lieferketten in kritischen Bereichen wie der Lebensmittelversorgung und der Medizin ist.
Nadine Boguslawski, Tarif-Vorständin der IG Metall, sagte: „Feinstblech schützt essentiell unsere lebenswichtigen Güter. Tarifverträge schützen essentiell die gute Arbeit und Zukunft der Beschäftigten in der Branche. Die Industrie und Tarifbindung sind systemrelevant. Für die Zukunft des Standorts und der Beschäftigten ist daher ein doppelter Rahmen wichtig: Die Politik ist gefordert, durch ihr Investitionspaket Energiepreise zu senken. Die Arbeitgeber sind gefordert, mit einem klaren Bekenntnis Standorttreue und tariflicher Verlässlichkeit für eine Zukunft vor Ort zu beweisen.“
Auch SPD-Wirtschaftsminister Lies betonte: „Resiliente Lieferketten sind elementar für unseren Wirtschaftsstandort – das hat uns die Coronapandemie gezeigt und das zeigen uns noch mehr die aktuellen geopolitischen Herausforderungen. Und hier spielt auch die Feinstblechindustrie eine bedeutsame Rolle. Wer Versorgungssicherheit will, braucht resiliente, unabhängige Strukturen. Und dafür brauchen wir eine wettbewerbsfähige Industrie. Und da bin ich zuversichtlich, denn sowohl mit Blick auf die Tarifbindung und die Fachkräftesicherung, aber gerade auch im Bezug auf bezahlbare, niedriger Energiepreise bietet ganz aktuell der nun vorliegende Koalitionsvertrag echte Lösungsansätze. Nichtsdestoweniger bleibt gerade in Zeiten wie diesen, die von großer Verunsicherung geprägt sind, unsere gelebte Sozialpartnerschaft ein wichtiger Anker für gute, sichere und attraktive Arbeit.“
Die FPI spielte im Krisenmanagement eine Schlüsselrolle und erwies sich als elementarer Bestandteil der Infrastruktur, der oft im Hintergrund agiert, aber in Krisenzeiten besonders wichtig wird. Ihre Produkte – von Konservendosen bis zu spezialisierten Verpackungen – sind für das Funktionieren der Gesellschaft unverzichtbar. Ohne diese Verpackungen wären viele Systeme in der Lebensmittel- und Gesundheitsbranche nicht aufrechterhalten worden.
Die Feinstblechpackungsindustrie ist ein zentraler Bestandteil der globalen Wirtschaft und der deutschen Industrie. Ihre Produkte sind entscheidend für die Logistik und den Handel sowie für die gesamte Wertschöpfungskette. In einer Zeit, in der Unternehmen weltweit mit geopolitischen Unsicherheiten und steigenden Produktionskosten kämpfen, zeigt sich die Bedeutung der Feinstblechindustrie für die wirtschaftliche Resilienz.
Doch die Branche steht vor Herausforderungen: Steigende Produktionskosten, insbesondere durch Energiepreiserhöhungen, sowie der Fachkräftemangel bedrohen ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die IG Metall und andere Gewerkschaften betonen, dass gezielte politische Unterstützung erforderlich ist, um die Industrie zu sichern.
Besonders fordert die IG Metall eine verlässliche Energiepolitik, die den Unternehmen Planbarkeit ermöglicht, um die Produktionskosten zu stabilisieren. Eine Forderung, der sich Hans-Jürgen Giesen, Vorsitzender der Tarifgemeinschaft FPI Nord e.V, nur anschließen kann: „Unser gemeinsames Ziel als Tarifvertragsparteien besteht darin, die Zukunftsfähigkeit unserer Branche aktiv mitzugestalten. Dabei wollen wir die herausragenden Eigenschaften von Weißblech- und Aluminiumverpackungen in den Fokus rücken – insbesondere ihre Nachhaltigkeit, die außergewöhnlich hohen Recyclingquoten sowie ihre bedeutende Rolle bei der Konservierung und Haltbarmachung von Produkten. Diese Stärken, verbunden mit modernster Produktions- und Fertigungstechnologie, bilden das Fundament, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Rahmenbedingungen unserer Industrie langfristig zu sichern. In diesem Sinne wollen wir auch im Schulterschluss mit der Politik zentrale Herausforderungen wie Zölle, Einfuhrbeschränkungen, Energiepreise oder aber den Bürokratieabbau proaktiv angehen – mit dem klaren Ziel, unsere Standorte zu stärken. All dies unterstreicht deutlich: Die Dose ist mehr als nur Verpackung – sie ist systemrelevant.“
Mirko Richter, Verhandlungsführer der IG Metall für die FPI, erklärt: „Die Dose sollte endlich als Mehrweg-Pfand anerkannt werden. Mit einer beeindruckenden Rücklaufquote von 99 Prozent steht sie sinnbildlich für eine nahezu geschlossene Wertschöpfungskette und eine effiziente Kreislaufwirtschaft. Angesichts wachsender Umweltkrisen und globaler Unsicherheiten gewinnt die Dose zunehmend an strategischer Bedeutung. So empfehlen etwa das Land Niedersachsen und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Vorräte für bis zu zehn Tage anzulegen. In diesem Kontext erweist sich die Dose – nicht zuletzt aufgrund ihres im Vergleich zu Glas deutlich geringeren Gewichts – als besonders praxistauglich und zukunftsfähig."
Wie in anderen Branchen auch, ist auch der Arbeitskräftemangel in der Feinstblechpackungsindustrie ein Thema. „Die Feinstblechindustrie ist auf hochqualifizierte Fachkräfte angewiesen, doch der demografische Wandel und die zunehmende Abwanderung von Fachkräften in andere Sektoren erschweren es, qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten. Die Fachkräfte von heute sind die Innovationstreiber von morgen“, so Richter. Der Gewerkschafter unterstreicht damit die Bedeutung einer guten Tarifpolitik, wettbewerbsfähiger Entgelte und insbesondere auch guter Einstiegsbedingungen für Auszubildende.
Die Diskussion im Süden Niedersachsens verdeutlichte, dass ein Schulterschluss nötig, aber auch möglich ist: Zwischen Gewerkschaft, Arbeitgebern und auch der Politik. Die Herausforderungen sind groß, die Chancen allerdings auch.