Alterssicherung

Grundrente: wichtig, aber kompliziert

29.01.2020 | Die Grundrente soll kommen und in den nächsten Wochen im Kabinett beschlossen werden. Zu den Errungenschaften gehören deutliche Zuschläge für Niedrigrenten nach mindestens 35 Beitragsjahren, ein Renten-Freibetrag in der Grundsicherung sowie Verbesserungen beim Wohngeld.

Alex Raths/iStock

Die IG Metall fordert seit langer Zeit eine Aufwertung niedriger Einkommen bei der Rentenberechnung, denn eine gerechte Grundrente würde die Lebensleistung stärker honorieren und dabei helfen, Altersarmut einzudämmen – vor allem im Handwerk.  

Mit der Grundrente werden Menschen, die trotz eines langen Arbeitslebens nur sehr kleine Renten beziehen, deutlich mehr in der Tasche haben. Es geht um Frauen und Männer, die 35 Jahre gearbeitet und in die gesetzliche Rentenkasse einbezahlt haben und dennoch erheblich weniger als das durchschnittliche Alterseinkommen in Deutschland in Höhe von 1.250 Euro erhalten.

Aktuell erhalten Beschäftigte, die bei Vollzeit auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns gearbeitet haben, nach geltendem Recht eine ausgezahlte Rente von rund 660 Euro. „Das ist weniger als das Existenzminimum“, erklärt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Damit müssen Beschäftigte, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt haben, mit Beginn der Rente  zum Sozialamt gehen. Das darf so nicht sein.“ Die Grundrente würde diesen Rentenanspruch um rund 270 Euro auf rund 930 Euro aufstocken und läge damit gut zehn Prozent über dem durchschnittlichen Existenzminimum.

„Der vorliegende Gesetzesentwurf wird die Situation von über einer Million Rentnerinnen und Rentnern mit niedrigen Renten trotz jahrzehntelanger Beitragszahlung spürbar verbessern und ist damit ein Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so Gröger. „Allerdings besteht Nachbesserungsbedarf: So müssen die Regelungen für die Grundrente transparent, nachvollziehbar und bei der großen Zahl der Berechtigten auch einfach umsetzbar sein. Dafür machen sich die Gewerkschaften stark. Der Kompromiss der Koalitionsparteien zur Grundrente steht dem entgegen und macht das Verfahren kompliziert. Eine echte Rentenleistung, ohne jede Bedarfs- oder Bedürftigkeitsprüfung sowie ohne Einkommensanrechnung, wäre die richtige Form, um langjährige Beitragszahlungen zu honorieren.“

Die Verhinderer: Minister Spahn und ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer bremsen bei Grundrente

Kaum liegt der Entwurf auf dem Tisch, kündigt Gesundheitsminister Jens Spahn an, die Grundrente auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen zu wollen. „Ein Unding“, sagt Gröger. Bundesarbeitsminister Heil hat als zuständiger Minister den Gesetzentwurf eng am Koalitionskompromiss ausgerichtet, in den die CDU/CSU höchst komplizierte und nahezu undurchführbare Bedingungen hineinverhandelt hat.

"Das Konzept der Grundrente sei rückwärtsgewandt“, so der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer. „Rückwärtsgewandt ist die mangelnde Tarifbindung in vielen Handwerksbranchen und die damit verbundenen niedrigen Löhne, die auch unserem Sozialsystem der gesetzlichen Rentenversicherung schaden“, so Gröger. Der Spruch, wonach Handwerk goldenen Boden hat, trifft auf die Rente der Handwerker weniger zu. Viele von ihnen sind unzureichend fürs Alter abgesichert. „Herr Wollseifer und der ZDH müssen die Innungen des Handwerks endlich in die Pflicht nehmen, flächendeckend Tarifverträge mit den DGB-Gewerkschaften abzuschließen. Das wäre der wirkungsvollste Schutz gegen Altersarmut“, so Gröger weiter.

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