Bundestagswahl 2021

Forderungskatalog an Bundespolitik ist lang - Politik muss Rahmenbedingungen für fairen Wandel ebnen

01.09.2021 | Im Vorfeld der Bundestagswahl positioniert sich die IG Metall deutlich und stellt klare Anforderungen an die zukünftige Bundesregierung. Die Politik sei in der Verantwortung, schildert Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, die anstehenden Herausforderungen sozial, ökologisch und demokratisch zu bewältigen: „Niemandem ist geholfen, wenn die notwendige Transformation radikal geschieht und soziale Komponenten außer Acht lässt. Auch wenn der Klimawandel zwangsläufig eines der wahlbestimmenden Themen ist, muss seine Bekämpfung auch die Folgen für Arbeitsplätze und die Sicherung oder Schaffung von Beschäftigung im Auge behalten!“

Thorsten Gröger, IG Metall Bezirksleiter (Foto: Agentur lieb.ich)

Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft stehen vor einem Jahrzehnt, das „umfassende Veränderungen mit sich bringen wird. Klimawandel, Digitalisierung, Verschiebungen der globalen Kräfteverhältnisse, die Triebfedern und Herausforderungen dieser Transformation sind vielfach beschrieben“, mahnt Gröger. Nicht erst durch die Corona-Pandemie, seither jedoch verstärkt sichtbar, bauen Arbeitgeber Beschäftigung ab, verlagern Standorte oder üben Druck auf die Gesellschaft aus. „Hier sind die politischen und gesellschaftlichen Kräfte gefragt, um einer De-Industrialisierung entgegenzuwirken. Wir sind der festen Überzeugung, dass Deutschland auch in Zukunft ein starkes und krisensicheres Industrieland sein muss!“, fährt der Gewerkschafter fort. 

Die Corona-Pandemie wirke wie ein Brennglas auf bestehende wirtschaftliche Missstände und Ungleichheiten. „Die Pandemie hat nochmals unterstrichen, wo wir in unserer Gesellschaft ein soziales Gefälle und grobe Defizite haben - die Coronakrise ist ein Baustein in einer Aneinanderreihung multipler Probleme, die es seitens der Politik zu lösen gilt. Es braucht jetzt einen Aufbruch im Land - eine Politik des Gestaltens nicht des Verwaltens!“, ergänzt der Bezirksleiter. Zeitgleich hat das Virus auch weiße Flecken in den Wahrnehmungsradius gedrängt, die vorher nicht in jedermanns Lebenswelt präsent gewesen sind: Exemplarisch ist hier die Abhängigkeit vom globalen Süden beziehungsweise China zu nennen. Hier gilt es autarker zu werden und beispielsweise eine Abhängigkeit in den Lieferketten zu beseitigen!“ 

Die IG Metall hat im Vorfeld der Bundestagswahl ein umfangreiches Papier mit „Metallforderungen“ auf den Weg gebracht, das Forderungen zu einer Vielzahl von Themenfeldern an die politischen Akteure formuliert. „Nicht erst seit Corona erkennen wir, dass unsere Systeme, angefangen bei Gesundheit, über Bildung bis hin zur öffentlichen Infrastruktur, marode sind. Hier ist eine zukünftige Regierung gefragt, mit einer mutigen Investitionspolitik endlich auch für zukünftige Generationen Sorge zu tragen“, so Gröger weiter. Es brauche beispielsweise eine Abkehr von der schwarzen Null sowie Abschaffung oder Reform der Schuldenbremsen von Bund und Ländern, um dringende Investitionen zur Bewältigung des Sanierungs- und Modernisierungsstaus zu ermöglichen.

Ein weiterer Punkt in der Finanzpolitik sei die Steuergerechtigkeit. „Kleinere und mittlere Einkommen müssen zwingend entlastet werden! Wir brauchen deshalb ein Steuersystem, das wirklich wieder umverteilt, indem die Kapitalseite stärker bei der Finanzierung der Transformation in die Pflicht genommen wird.“ Ferner sei ein Kurswechsel in der Rentenpolitik unabdingbar: „Wir werden es nicht zulassen, dass die Lebensarbeitszeit weiter ausgedehnt wird. Das ist ein Nein zur Rente mit 67 oder 68, das ist eine Bekräftigung, dass 45 Berufsjahre genug sind.“

Ein weiterer zentraler Komplex für die IG Metall ist die soziale und ökologische Mobilitäts- und Energiewende. „Es liegt auf der Hand: Verkehr und Energie sind Kernbereiche des Wandels zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Zeitgleich ist dies ein Wirtschaftszweig, an dem viele Millionen Arbeitsplätze, direkt oder indirekt, hängen. Ein Umbruch dieser Industriesegmente darf zu keiner Massenarbeitslosigkeit führen, sondern muss neben klima- auch beschäftigungspolitische Erwägungen berücksichtigen!“

Klimapolitik dürfe nach Auffassung der IG Metall jedoch kein Lippenbekenntnis sein, sondern muss realistische Umsetzungspfade aufzeigen und unterstützen. „So muss die Mobilitätswende zwingend ganzheitlich gedacht werden. Wir müssen alle Sektoren berücksichtigen, quer über die Mobilitätsträger, von der Rohstoffgewinnung bis zum Endprodukt, von der Stadt- und Raumgestaltung bis zur alltäglichen Nutzung durch die Menschen. Natürlich ist die Elektromobilität dabei eine wichtige Säule, doch was nützt ein emissionsarmes Auto, wenn man es nicht laden kann - heißt: Die öffentliche und private Ladeinfrastruktur muss mit Hochdruck ausgebaut werden!“

Nicht zuletzt, hebt das Papier der IG Metall hervor, sei es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich antidemokratischen Tendenzen in Teilen der Bevölkerung entgegenzustellen, rechtspopulistischen Parteien den Nährboden zu entziehen und rechtsradikalen Strukturen mit aller Konsequenz des Rechtsstaates zu begegnen: „Wir wollen ein Land des Fortschritts und der Vielfalt. Doch leider gibt es weiterhin Kräfte die mit aller Entschiedenheit eine Spaltung unserer Gesellschaft forcieren, vor Gewalt nicht zurückschrecken und eine zentrale Bedrohung darstellen. Allen Ewiggestrigen und Neurechten sei gesagt: Wer die Grundfesten unseres Gemeinwesens, nämlich die Demokratie, die Toleranz, die Offenheit, angreift, der greift auch uns Metallerinnen und Metaller an. Als breites Bündnis aus Politik, Gewerkschaften und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren werden wir für ein plurales Land einstehen, in dem Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit keinen Zentimeter Platz finden!“

(Presseinformation Nr. 81/2021)

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