12.02.2025 | Die IG Metall reagiert empört auf den jüngsten Vorstoß des Arbeitgeberverbandes Holz und Kunststoffe e.V. in Sachsen-Anhalt, sämtliche bisherigen Eckpunkte der Tarifverhandlungen zu kündigen. In einer dramatischen Kehrtwende haben die Arbeitgeber in der vergangenen Woche das bestehende Eckpunktepapier aufgekündigt, das zuvor als Grundlage für die Verhandlungen in Sachsen-Anhalt diente. Mit dieser Entscheidung haben sie nicht nur zentrale Forderungen der IG Metall, wie die Einführung der 35-Stunden-Woche und die Erhöhung der Sonderzahlungen, vom Tisch gewischt, sondern auch das Vertrauen in die Verhandlungen massiv erschüttert.
Im Herbst des vergangenen Jahres hatten die Tarifvertragsparteien Einigkeit darüber erzielt, wie der künftige Weg der Arbeitszeit in der Holz- und Kunststoffindustrie verlaufen sollte. Im Rahmen eines Eckpunktepapiers verständigten sich beide Seiten darauf, dass die wöchentliche Arbeitszeit schrittweise abgesenkt werden soll. Der erste Schritt der Absenkung soll spätestens am 01.01.2027, der letzte Schritt auf eine 35-Stunden-Woche soll spätestens am 01.01.2032 jeweils mit vollem Lohnausgleich erfolgen.
Diesen Konsens kündigte die Arbeitgeberseite nun auf. Am kommenden Freitag, den 14. Februar, soll in Frankfurt ein Gespräch zwischen dem Vorstand der IG Metall und dem Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) stattfinden. Der Bundesarbeitgeberverband nutzt diesen Termin offenbar, um sich in die laufenden Tarifgespräche in Sachsen-Anhalt einzumischen. Doch die IG Metall lässt keinen Zweifel daran, dass dieser Eingriff für sie inakzeptabel ist: „Mit der Kündigung des Eckpunktepapiers und durch die Einmischung des HDH sind völlig ohne Not alle bisherigen Verhandlungsstände zurückgenommen worden. Keine 35-Stunden-Woche! Keine Erhöhung der Sonderzahlung! Keine Angleichung der Arbeitsbedingungen zwischen Ost- und Westdeutschland!“, erklärt Markus Wente, Verhandlungsführer der IG Metall.
Die Entscheidung der Arbeitgeber stößt auf scharfe Kritik und sorgt für Unverständnis in den Reihen der IG Metall. „Die Kündigung muss sofort vom Tisch! In Sachsen-Anhalt haben wir in den vergangenen Wochen ein Zwischenergebnis erreicht, an dem wir weiterhin bereit sind, gemeinsam zu arbeiten. Doch der Bundesverband HDH glaubt offenbar, sich in unsere Verhandlungen einmischen zu können. Das ist nicht nur unhöflich, sondern auch völlig unberechtigt!“, betont Wente.
Die IG Metall stellt klar, dass sie weiterhin bereit ist, die Verhandlungen auf Basis des bestehenden Eckpunktepapiers fortzusetzen – vorausgesetzt, die Kündigung des Eckpunktepapiers wird zurückgenommen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist die IG Metall nicht mehr gewillt, Zugeständnisse zu machen. „Bleibt die Kündigung bestehen, sehen auch wir uns nicht mehr an irgendwelche Kompromisse gebunden. Dann wird es keine weiteren Verhandlungen mehr geben. Ab der kommenden Woche gilt für uns dann einzig und allein: 35-Stunden-Woche sofort! Ohne Wenn und Aber!“, kündigt der Metaller an.
Die Gewerkschaft betont, dass es nun an der Zeit ist, ein klares Zeichen zu setzen: „Die Beschäftigten in den Betrieben fordern seit vielen Jahren die Reduzierung der Arbeitszeit und damit einhergehende Entlastung. In den Betrieben wird rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche produziert. Und wir sind bereit, für die Belange unserer Mitglieder zu kämpfen. Doch das bedeutet auch, dass wir keine weiteren Zugeständnisse machen werden, solange die Arbeitgeber nicht bereit sind, ihre Kündigung zurückzunehmen. Die Beschäftigten jedenfalls sind bereit ihre Forderung im Zweifel auch mittels Arbeitsniederlegungen durchzusetzen.“
Der lange geplante Gesprächstermin am Montag in Sachsen-Anhalt könnte somit der letzte in dieser Runde sein, falls die Arbeitgeber sich weiterhin weigern, auf die Forderungen der IG Metall einzugehen. „Sollte die Kündigung nicht zurückgenommen werden, gibt es für uns keine Basis für weitere Gespräche. Die Flächentarifverhandlungen wären dann für uns in dieser Form beendet. Die Verantwortung für eine Eskalation der Verhandlungen liegt dann klar beim Bundesverband der Arbeitgeber, beim HDH. Damit stellt die Arbeitgeberseite auch den Flächentarifvertrag in Gänze in Frage!“, so Wente abschließend. In der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie arbeiten in Sachsen-Anhalt circa 4.500 Beschäftigte in etwa 60 Betrieben. Größte Betriebe sind unter anderem Schüco PWS Produktions KG in Weißenfels oder die Sonae Arauco Deutschland GmbH in Jübar.